Juni 2016

160612

ENERGIE-CHRONIK


Kohleverstromer Steag fühlt sich durch BDEW nicht mehr vertreten

Der Steinkohleverstromer Steag hat seine Mitgliedschaft im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zum Jahresende gekündigt. Wie die "Süddeutsche Zeitung" (24.6.) berichtet, fühlt sich das Unternehmen durch den Verband nicht mehr angemessen vertreten. In manchen Fragen könne er sich mit den BDEW-Positionen nicht mehr identifizieren, zum Beispiel bei der Braunkohle. Hinzu lasse es der Verband an Stoßkraft fehlen: Anstatt Botschaften aus der Branche in die Politik zu transportieren, sei es in letzter Zeit immer öfter umgekehrt gelaufen. Die Mitgliedschaft im Verband kommunaler Unternehmen (VKU) bleibe dagegen bestehen.

Seit 2014 hat die Steag ihr eigenes Lobby-Büro in Berlin

Die Steag AG verfügt schon seit März 2014 über ein eigenes Lobby-Büro in Berlin. Der Grund dafür sei die "zunehmend größere wirtschaftliche Bedeutung energiepolitischer Entscheidungen für das Unternehmen", hieß es im Lagebericht zum Konzernabschluß 2014. Schon kurz nach der Eröffnung habe dieses Büro bei den Gesprächen mit dem Bundeswirtschaftsministerium, in denen es um die Rahmenbedingungen für die Laufzeit der Kohlekraftwerke ging, "einen verbesserten Informations- und Meinungsaustausch mit Ansprechpartnern und Verantwortlichen in der Bundespolitik bewirkt".

Die Steag ist der fünftgrößte Stromerzeuger Deutschlands. Ursprünglich besorgte sie für RWE die Verstromung von Steinkohle. Seit sechs Jahren gehört sie den Stadtwerken Dortmund, Essen, Bochum, Oberhausen, Duisburg und Dinslaken, die sie Ende 2010 erst mehrheitlich (101203) und vier Jahre später komplett übernommen haben (140814). Der letzte Eigentümer Evonik (070907) bekam dafür von den Stadtwerken 1,2 Milliarden Euro. Wegen der Verschlechterung der Marktbedingungen für konventionelle Kraftwerke war aber schnell absehbar, daß sich die anfänglichen Renditeerwartungen der kommunalen Käufer nicht erfüllen würden (130110).

N-Ergie trat wegen Nicht-Fusion von BDEW und VKU aus

Mit der N-Ergie hatte zuletzt ein weiteres Großunternehmen den Branchenverband BDEW verlassen. Der Nürnberger Kommunalkonzern begründete seinen Austritt zum Jahresende 2015 mit der weiter bestehenden Parallelität der beiden Verbände BDEW und VKU, die sich bei der Interessenvertretung der Stadtwerke überschneiden. Die N-Ergie gehört zu den acht Stadtwerken, die sich vor neun Jahren in der Gruppe 8KU zusammengeschlossen haben, um neben den vier großen Energiekonzernen als "fünfte Kraft" auftreten zu können (070408, 090615). Drei Stadtwerke der 8KU-Gruppe waren außerdem an der Kommunalisierung der früheren E.ON-Beteiligungsgesellschaft Thüga maßgeblich beteiligt sind (090801).

Die Gruppe 8KU hatte auf eine Fusion der beiden Verbände BDEW und VKU gedrängt und vor diesem Hintergrund den Vorstandsvorsitzenden der N-Ergie, Josef Hasler, als neuen Verbandspräsidenten favorisiert. Damit kam sie aber offenbar nicht durch. Die Mitgliederversammlung des BDEW entschied sich jedenfalls am 26. Juni 2014 einstimmig für Johannes Kempmann, der als Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Magdeburg eher die mittlere Ebene der Kommunalwirtschaft vertritt (140606). Kurz darauf einigten sich BDEW und VKU darauf, "daß auf Grund verschiedener Zielgruppen, Mitglieder und Strukturen eine Fusion derzeit nicht zielführend ist" (140908).

Enovos fühlte sich bei gaswirtschaftlichen Belangen nicht ausreichend berücksichtigt

Zum Jahresende 2015 hatte auch der deutsche Ableger des Luxemburger Enovos-Konzerns den BDEW verlassen. Enovos begründete die Kündigung der Mitgliedschaft mit einer nicht ausreichenden Berücksichtigung gaswirtschaftlicher Belange und dem Festhalten "an Geschäftsmodellen einiger weniger". Insbesondere kritisierten die Luxemburger die BDEW-Forderung nach Einführung sogenannter Kapazitätsmärkte, die lediglich den Betreibern von fossilen oder nuklearen Bestandskraftwerken dienlich sei (151211).

"Dem BDEW gelingt es nicht, die Breite der Branche zu spiegeln"

Ferner schied zum Jahresende 2015 die Bayerngas GmbH aus dem BDEW aus. Bei ihr handelt es sich um eine Gasbeschaffungsplattform für Stadtwerke und Industrieunternehmen. Mehrheitsgesellschafter sind die Stadtwerke München. Weitere Anteile besitzen die Stadtwerke Augsburg, Ingolstadt, Landshut und Ulm/Neu-Ulm sowie die österreichische Tigas Erdgas Tirol GmbH. "Das Unternehmen zieht damit die Konsequenz aus der fehlenden Unterstützung bei gaswirtschaftlichen Themen", hieß es in einer Pressemitteilung des Unternehmens vom 28. Mai 2015. "Angesichts der zunehmenden regulierungs- und marktbedingten Segmentierung des Energieschäfts gelingt es dem BDEW nicht, die Breite der Branche zu spiegeln und die Interessen über die einzelnen Wertschöpfungsstufen hinweg schlagkräftig zu vereinen."

 

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