März 2016

160319

ENERGIE-CHRONIK


Elektro(den)kessel weiter auf dem Vormarsch

Die Liste der Stadtwerke, die mit einem Elektro(den)kessel sowohl Fernwärme als auch negative Regelenergie erzeugen, wird immer länger. Am 9. März haben die Stadtwerke Bielefeld einen 29 Tonnen schweren Elektrodenkessel mit einer Leistung von 20 MW installiert. Der in Norwegen gebaute Kessel ist innerhalb von 30 Sekunden einsatzbereit, um überschüssigen bzw. billigen Strom in heißes Wasser oder Dampf verwandeln. Die Wärme wird über Wärmetauscher entweder direkt ins Fernwärmenetz oder in die Speicher geleitet.


Anlieferung des Elektrodenkessels für die Stadtwerke Neumünster.
Foto: SWN

Insgesamt haben die Stadtwerke Bielefeld rund 2,7 Millionen Euro in die Erweiterung ihrer Fernwärmeanlage investiert. Parallel zum Einbau des Elektrodenkessels wurden die acht vorhandenen Fernwärmespeicher durch zwei neue Behälter ergänzt. Die 26 Meter hohen Speicher mit einem Durchmesser von 4,5 Metern können jeweils 380.000 Liter Fernwärmwasser aufnehmen. Sie dienen als Puffer, wenn die Müllverbrennungsanlage oder die Kraftwerke auf dem Stadtwerkegelände mehr heißes Wasser liefern, als aktuell benötigt wird.

Die Stadtwerke Neumünster in Schleswig-Holstein errichten derzeit auf dem Gelände ihrer Thermischen Ersatzbrennstoff-Verwertungsanlage (TEV) ebenfalls eine Strom-zu-Wärme-Anlage (neudeutsch: "Power-to-heat-Anlage"), die mit Billig-Strom Fernwärme erzeugen und zugleich Sekundärregelleistung bereitstellen soll. Der Elektrodenkessel verfügt über eine Leistung von 20 MW, die er aus dem Mittelspannungsnetz bezieht. Die Arbeiten sollen bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein.

Bei Elektrodenkesseln dient das Wasser selber als Widerstand

Strom-zu-Wärme-Anlagen rentieren sich erst, wenn der Börsenpreis der Megawattstunde in den einstelligen Euro-Bereich oder sogar unter Null sinkt (160108). Sie sind aber kostengünstig und technisch einfach zu realisieren. Dabei gibt es zwei mögliche Ausführungen: Den Elektrokessel und den Elektrodenkessel.

Elektrokessel funktionieren wie herkömmliche Heißwasserbereiter, bei denen der Strom einen ummantelten Widerstandsleiter erhitzt, dessen Wärme vom Heizelement an das Wasser übertragen wird. Zum Beispiel haben die Stadtwerke Schwerin drei solcher Elektrokessel mit jeweils 5 MW installiert, die zusammen eine Leistung von 15 MW aufnehmen können (131113). Nach demselben Prinzip arbeiten auch die Heizstäbe der Anlage, die von der Frankfurter Mainova in Betrieb genommen wurde (150312).

In höheren Leistungsbereichen dominieren dagegen Elektrodenkessel, bei denen das Wasser direkt vom Strom durchflossen und dadurch aufgeheizt wird. Das Wasser dient also selber als Widerstand. Es muß aber für eine bestimmte elektrische Leitfähigkeit aufbereitet sein, die dem Abstand zwischen Elektrode und Gegenelektrode entspricht. Im Unterschied zum Elektrokessel kann der Elektrodenkessel nur mit Wechselstrom betrieben werden, da es bei Gleichstrom zur elektrolytischen Zersetzung des Wassers käme. Über Elektrodenkessel verfügen beispielsweise die Stadtwerke Münster (160212), die Stadtwerke Flensburg (20 MW) und die Nürnberger N-Ergie (2 x 25 MW).


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