Februar 2016

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ENERGIE-CHRONIK


 

 

Vor ein paar Monaten erwarb EEW das Heizkraftwerk Stavenhagen in Mecklenburg-Vorpommern, das einen benachbarten Hersteller von Kartoffelprodukten mit Prozeßdampf und Strom versorgt. Dadurch vergrößerte der Müllverbrenner die Anzahl seiner Standorte auf zwanzig – allerdings nur kurzfristig, denn mit Jahresbeginn 2016 übernahmen die Stadtwerke Bielefeld die bisherige EEW-Mehrheit an den Müllverbrennungsanlagen Bielefeld und Hameln.

Foto: EEW

Chinesen kaufen Deutschlands größten Müllverbrenner

Der schwedische Finanzfonds EQT Infrastructure II hat sich mit dem chinesischen Staatskonzern Beijing Enterprises Holdings über den Verkauf der EEW Energy from Waste GmbH geeinigt, die Deutschlands größter Müllverbrenner ist. Als Verkaufspreis nannte er in einer Mitteilung vom 4. Februar 1,438 Milliarden Euro. Es handelt sich um die bislang größte Direktinvestition eines chinesischen Unternehmens in Deutschland. Die Transaktion ist nach dem Außenwirtschaftsgesetz genehmigungspflichtig. Mit ihrem Abschluß wird bis Ende Februar gerechnet.

Peking ist mehr am Know-how als an der Rendite interessiert

Beijing Enterprises ist ein staatliches Versorgungsunternehmen mit Schwerpunkten im Gasgeschäft, wasserbezogenen Dienstleistungen, Entsorgungswirtschaft und Bierindustrie. Außerdem hat es von der Pekinger Regierung den Auftrag, deren Ziele durch die Beibringung von Techniken und Expertenwissen zu unterstützen. Der Kauf von EEW dürfte deshalb vor allem dem Zweck dienen, die Müllverbrennung in China mit Hilfe eines einschlägig tätigen Unternehmens auszubauen, das dem Staat selber gehört. Aber sicher sind auch die hohen Renditen willkommen, die sich mit der Müllverbrennung in Deutschland erzielen lassen (140711).

Müllverbrennung liefert nebenbei sechs Terawattstunden Energie

Die EEW Energy from Waste GmbH (EEW) betreibt insgesamt 18 Müllverbrennungsanlagen an 16 Standorten in Deutschland sowie an jeweils einem Standort in den Niederlanden und Luxemburg. Mit ihren 1.050 Beschäftigten erwirtschaftete sie 2014 einen Umsatz von etwa 539 Millionen Euro. Die aus der Müllverbrennung gewonnene Energie beziffert sie mit 2,4 TWh Strom sowie 3,6 TWh Prozeßdampf für Industriebetriebe und Fernwärme für Wohngebiete.

Der E.ON-Konzern hatte mit der EEW einst großes vor, bevor er sie verkaufte

Die EEW verdankt das erste E im Firmenkürzel bis heute ihrem Voreigentümer E.ON. Sie entstand 2008 als "E.ON Energy from Waste AG" (EEW) aus der Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke AG (BKB), unter deren Dach bis dahin sowohl die Müllverbrennung als auch die Braunkohleverstromung im Helmstedter Revier angesiedelt waren (080413). E.ON verband damit hochfliegende Pläne, auch im europäischen Ausland zum führenden Müllverbrenner zu werden. Die bald darauf einsetzende Krise des Konzerns machte aber einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen gelangte EEW mit anderen E.ON-Töchtern auf die Verkaufsliste und wurde vor drei Jahren vom schwedischen Finanzfonds EQT mehrheitlich übernommen (121208). Vor neun Monaten erwarb EQT auch die restlichen E.ON-Anteile (150510). Kaufpreise wurden in beiden Fällen nicht genannt. Das begünstigte Spekulationen. So soll EQT einem Bericht zufolge allein für das zweite Anteilspaket annähernd soviel bezahlt haben wie jetzt der Komplettverkauf an die Chinesen einbringt. Indessen ist nicht anzunehmen, daß die Schweden mit dem Verkauf ein Verlustgeschäft gemacht haben.

Seit Anfang 2016 gehören zwei EEW-Anlagen den Stadtwerken Bielefeld

Schon im August 2015 wurde bekannt, daß die Schweden für die hundertprozentige Beteiligung an EEW, die sie eben erst erworben hatten, einen Käufer suchten. Die Stadtwerke Bielefeld vereinbarten deshalb im September mit EQT den vorgezogenen Erwerb der bisherigen EEW-Mehrheitsbeteiligung an den Müllverbrennungsanlagen in Bielefeld und Hameln, die sie aufgrund einer im Oktober 2013 getroffenen Vereinbarung erst bis spätestens 2021 übernehmen wollten.

Die Interargem GmbH, welche die Müllverbrennungsanlagen in Bielefeld und Hameln betreibt, diente ursprünglich als Bindeglied für die Kooperation zwischen den Stadtwerken Bielefeld und anderen Stromversorgern im Kraftwerksbereich (030209). Nachdem diese Aufgabe entfallen war, wurde ihr Geschäftszweck auf den Entsorgungsbereich umgestellt. Mehrheitseigentümer war mit 51,2 Prozent E.ON bzw. die EEW. Im September 2015 einigten sich die Stadtwerke Bielefeld und EQT auf eine vorgezogene Übernahme der EEW-Anteile zum 1. Januar 2016. Haupteigentümer der Interargem GmbH sind seitdem mit 91,92 Prozent die Stadtwerke Bielefeld. Die verbleibenden 8,1 Prozent werden von kleineren kommunalen Gesellschaftern gehalten.

 

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