Dezember 2015

151208

ENERGIE-CHRONIK


Angst vor Atomhaftung: Anteilseigner der öffentlichen Hand lösen EnBW-Aktionärsvereinbarung auf

Die beiden großen Anteilseigner der öffentlichen Hand haben ihre Aktionärsvereinbarung aufgelöst, mit der sie bisher ihre Zusammenarbeit als gemeinsame Eigentümer der EnBW Energie Baden-Württemberg AG regelten. Der Grund dafür sei das geplante Gesetz zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich (151003), erklärten das Land Baden-Württemberg und die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) am 22. Dezember. Eine in diesem Gesetzestext vorgesehene Klausel würde nicht nur die EnBW in die Haftung einbeziehen, sondern wegen der Aktionärsvereinbarung eine zusätzliche Haftung der beiden Großaktionäre begründen. Die Auflösung der Vereinbarung sei daher die einzige Möglichkeit, um diese Haftung zu vermeiden.

Zugleich forderten Landesregierung und OEW die Bundesregierung auf, den Gesetzestext so zu ändern, daß er nicht zu dieser Haftungserweiterung führt. Es gehe nicht darum, die bisherige Haftung des Unternehmens in Frage zu stellen. Beide Anteilseigner stünden zu dieser Verpflichtung der EnBW. Es gehe aber darum, eine erstmalige Haftung der Anteilseigner zu vermeiden und damit einen möglichen Schaden vom Land Baden-Württemberg und den neun OEW-Landkreisen abzuwenden.

Möglicherweise im Zusammenhang mit diesen Bedenken verhinderte die Unionsfraktion am 16. Dezember im Wirtschaftausschuß des Bundestags eine Beschlußfassung über den vorliegenden Gesetzentwurf. Seine Verabschiedung durch den Bundestag wird deshalb erst im neuen Jahr erfolgen können.

Land und Kommunen halten ihre EnBW-Aktien jeweils über Beteiligungsgesellschaften

Die EnBW gehört zu jeweils 46,75 Prozent dem Land und neun baden-württembergischen Landkreisen. Das Land hält seine Beteiligung über die Neckarpri GmbH und deren Tochter Neckarpri-Beteiligungsgesellschaft mbH, während die Landkreise ihre Aktien in der OEW Energie-Beteiligungs GmbH gebündelt haben. Bei der Neckarpri GmbH handelt es sich um einen gekauften Firmenmantel, dessen sich seinerzeit die CDU-Landesregierung bedient hatte, als sie von der Electricité de France deren EnBW-Aktien erwarb (101201). Sie wollte auf diese Weise vermeiden, daß die EnBW-Anteile direkt vom Land oder dessen bestehender Beteiligungsgesellschaft übernommen wurden (120703).

Bisher ist nicht ersichtlich, wo der Pferdefuß stecken könnte

Worin die ominöse "Klausel" bestehen soll, die eine zusätzliche Haftung von Land und Kommunen begründen könnte, und an welcher Stelle des vorliegenden Gesetzentwurfs (151003) sie zu finden ist, blieb unklar. Hinzu kennt kein Außenstehender die Details der Aktionärsvereinbarung, die zwischen dem Land Baden-Württemberg, den neun Landkreisen und ihren jeweiligen Beteiligungsgesellschaften abgeschlossen wurde. Laut EnBW-Bericht 2013 enthält das vor vier Jahren unterzeichnete Papier "übliche Regelungen, die das Verhältnis der beiden Hauptaktionäre der EnBW untereinander betreffen sowie Regelungen über deren Verhältnis zur EnBW und die Koordinierung ihres Einflusses gegenüber der EnBW". Insbesondere handele es sich um Absprachen über die abgestimmte und teilweise einheitliche Ausübung von Stimmrechten (Stimmbindung), die Einrichtung eines Aktionärsausschusses für diese Zwecke und die wechselseitige Abstimmung hinsichtlich wesentlicher Geschäftsvorfälle und Entscheidungen. Ferner enthalte die Vereinbarung Verfügungsbeschränkungen über die von den Hauptaktionären gehaltenen EnBW-Aktien sowie eine grundsätzliche gegenseitige Verpflichtung der beiden Hauptaktionäre zur Wahrung paritätischer Beteiligungsverhältnisse an der EnBW im Verhältnis zueinander.

 

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