Mai 2015

150513

ENERGIE-CHRONIK


Yukos-Aktionäre beantragen Pfändung russischen Staatseigentums

Die ehemaligen Aktionäre des russischen Yukos-Konzerns haben mit der Eintreibung der 50 Milliarden Dollar begonnen, die ihnen im Juli 2014 vom Ständigen Schiedsgerichtshof in Den Haag als Entschädigung für die politisch motivierte Zerschlagung des Unternehmens zugesprochen wurde (140701). "Wir haben in Großbritannien, Frankreich und den Vereinigten Staaten die Vollstreckung des Urteils beantragt", sagte der britische Anwalt Tim Osborne der "Süddeutschen Zeitung" (22.5.). Bis zum Sommer werde die Yukos-Nachfolgefirma GML, deren Chef er ist, beim Berliner Landgericht auch die Vollstreckung des Urteils in Deutschland beantragen.

Da Rußland sich weigert, den Spruch des Schiedsgerichts anzuerkennen, wollen die Yukos-Aktionäre woanders Vermögenswerte beschlagnahmen lassen, die dem russischen Staat gehören und keinen diplomatischen Schutz genießen. Denkbar wäre etwa die Pfändung von Eigentum des russischen Staatskonzerns Gazprom oder von Zahlungen, die dieser für Erdgaslieferungen beanspruchen kann. Es liegt allerdings auf der Hand, daß ein solcher Pfändungsbeschluß in Deutschland nicht einfach zu erreichen wäre und vom Kreml mit Repressalien gegenüber deutschen Vermögenswerten in Rußland beantwortet würde. Osborne hatte übrigens bereits im Oktober 2014 angekündigt, bei deutschen Gerichten die Vollstreckung des Urteils zu beantragen, ohne daß es dazu gekommen ist.

Der Kreml bestreitet die Verbindlichkeit des Urteils, weil die russische Regierung seinerzeit den Vertrag über die Europäische Energiecharta (ECT) zwar unterzeichnet hat, aber nicht von der Duma ratifizieren und damit völkerrechtlich bindend machen ließ. Allerdings hat Rußland 2005 dem Schiedsgerichtsverfahren ausdrücklich zugestimmt. Dabei wurde vereinbart, der Entscheidung die Grundsätze der Energiecharta sowie die Schiedsregeln der UN-Kommission für Internationales Handelsrecht (UNCITRAL) zugrundezulegen. Insoweit spielte es für das Verfahren keine Rolle, daß die Energiecharta für Rußland völkerrrechtlich nicht bindend ist.

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