November 2013

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ENERGIE-CHRONIK


 


Mit der Inbetriebnahme des ersten und bisher einzigen kommerziellen Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee hat Bard eine respektable technische Leistung vollbracht, zumal die 80 Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von jeweils 5 MW im wesentlichen eine Eigenentwicklung sind. Allerdings hat sich die Inbetriebnahme des Windparks um zwei Jahre verzögert, und die Kosten sind völlig aus dem Ruder gelaufen.

Foto: Bard-Gruppe

Offshore-Pionier Bard gibt auf: Es fehlt an weiteren Aufträgen

Die Bard-Gruppe gab am 20. November die "operative Stillegung" ihrer Gesellschaften bis spätestens Mitte 2014 bekannt. Sie begründete dies mit fehlenden Folgeaufträgen, nachdem der von ihr errichtete Windpark "Bard 1" als bisher einziger kommerzieller Offshore-Windpark in der deutschen Nordsee in Betrieb genommen wurde (130815). Vor allem ist es ihr nicht gelungen, für das an "Bard 1" angrenzende Schwesterprojekt "Veja Mate" einen Investor zu finden, obwohl dieser Windpark über alle erforderlichen Genehmigungen und eine Netzanschlußzusage verfügt.

Den Betrieb und die Wartung von "Bard 1" besorgt ab 2014 das neue Unternehmen "Offshore Wind Solutions GmbH" (OWS), das darüber hinaus generell Wartung, Service und Reparaturen von Windkraftanlagen anbieten wird. Hier sollen rund 300 der derzeit noch 540 Bard-Beschäftigten einen neuen Arbeitsplatz finden. Die anderen erhalten betriebsbedingte Kündigungen. Die OWS übernimmt auch Gebäude, Schiffe und weitere wesentliche Betriebsmittel der Bard-Gruppe.

Schon 2011 hatte Bard über 800 Millionen Euro Schulden

Der Rückzug kommt nicht überraschend. Schon im August dieses Jahres hatte das Unternehmen eine entsprechende Umstellung und Reduzierung der Geschäftstätigkeit angekündigt. Die geldgebende Hypovereinsbank will offenbar verhindern, daß sie noch mehr Millionen in den Wind schreiben muß. Nach den zuletzt veröffentlichten Zahlen war die Bard Holding bereits 2011 mit 840 Millionen Euro verschuldet. 2012 wurde die Fertigung von Rotorblättern und anderen Teilen im Werk Emden eingestellt. Im Frühjahr 2013 folgte die Schließung des Werks in Cuxhaven, das die "Tripile"-Fundamente und andere Stahlkonstruktionen herstellte.

Unternehmensgründer starb zwei Jahre nach dem erzwungenen Ausscheiden

Initiator und Namensgeber des Unternehmens war der Rußlanddeutsche Arngolt Bekker, der nach der Auflösung der Sowjetunion im geschäftlichen Dunstkreis der Gazprom ein Millionenvermögen erworben hatte. Bekker kam 2003 nach Deutschland und gründete hier die Bard Engineering GmbH (Becker, Arngolt, Rußland, Deutschland), die ursprünglich schon bis 2010 den Offshore-Windpark Bard 1 fertigstellen sollte. Die Verwirklichung gestaltete sich aber weit schwieriger und kostspieliger als geplant, zumal Bekker alle wesentlichen Komponenten der neuen Offshore-Technik selber entwickeln und herstellen wollte. Einziger Geldgeber des mittlerweile auf 2,9 Milliarden Euro veranschlagten Projekts blieb die Hypovereinsbank (Unicredit). Zu der vorgesehenen Beteiligung kommunaler Energieversorger kam es wegen der Bauverzögerung und Kostenexplosion nicht (121119). Ende 2010 mußte Bekker auf Drängen der Hypovereinsbank das Unternehmen verlassen. Er starb im April dieses Jahres im Alter von 78 Jahren.

Bei Windreich übernimmt nun doch der Insolvenzverwalter die Regie

Die Geschäftsführung der Windreich GmbH hat am 22. November ihren Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung (130909) zurückgenommen. Das zuständige Amtsgericht in Esslingen hat daraufhin die vorläufige Insolvenz im Regelverfahren angeordnet und den bisherigen vorläufigen Sachwalter Holger Blümle von der Kanzlei Schultze & Braun zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Der Geschäftsführer Werner Heer will sich zusammen mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter weiter um die Sanierung des Unternehmens bemühen. Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist offenbar, daß es noch immer nicht gelungen ist, einen potenten Käufer für das Offshore-Projekt MEG 1 zu finden.

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