November 2013

131102

ENERGIE-CHRONIK


EEG-Förderung soll bis 2017 ganz auf "Direktvermarktung" umgestellt werden

Die sogenannte Direktvermarktung, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) seit Anfang 2012 als Alternative zur Einspeisungsvergütung vorsieht (110603), soll bis spätestens 2017 die herkömmliche Form der EEG-Förderung ganz ersetzen. Dies sieht die Koalitionsvereinbarung vor, die CDU/CSU und SPD am 27. November unterzeichneten (131101). In einem ersten Schritt soll sie für alle Neuanlagen mit einer Leistung ab 5 Megawatt (MW) zur Pflicht gemacht werden. Damit verbunden ist die Einführung einer neuen "gleitenden Marktprämie". Das bedeutet, daß die sogenannte Marktprämie nicht mehr die Differenz zwischen den monatlichen Durchschnitts-Börsenpreisen für eine bestimmte Art von EEG-Strom und der dafür geltenden Einspeisungsvergütung ausgleicht, sondern als schrittweise sinkender Festbetrag gewährt wird, der sich am Börsenpreis orientiert. Die künftigen Koalitionspartner übernehmen damit ein Modell, für das sich erst unlängst die Bundesnetzagentur ausgesprochen hat (131007).

Ab 2018 soll die Höhe der Marktprämie über Ausschreibungen ermittelt werden, sofern bis dahin nachgewiesen werden kann, daß die Ziele der Energiewende auf diesem Wege kostengünstiger erreicht werden können. Um dies zu klären, wird spätestens 2016 ein Pilotprojekt durchgeführt, das für Photovoltaik-Freiflächenanlagen eine Leistung von insgesamt 400 MW ausschreibt.

Die Stichworte des energiepolitischen Kapitels im Koalitionsvertrag

 

Entschädigungslose Abregelung von Erzeugungsspitzen

Am Einspeisungsvorrang für die Erneuerbaren Energien wollen Union und SPD ebensowenig rütteln wie am Vertrauensschutz für Altanlagen, der vor der Bundestagswahl durch die Pläne für eine "Strompreisbremse" zeitweilig in Frage gestellt schien (130202). Die Betreiber von Neuanlagen sollen aber künftig mit Blick auf die Netzstabilität stärker in die Pflicht genommen werden. Zum einen müssen sie es hinnehmen, daß unpassende Erzeugungspitzen ohne Entschädigung gekappt werden, soweit die abgeregelte Strommenge weniger als 5 Prozent der Jahresarbeit ausmacht und "soweit dies die Kosten für den Netzausbau senkt und dazu beiträgt, negative Börsenstrompreise zu vermeiden". Zum anderen müssen aus diesem Grund alle neuen Anlagen künftig sowohl vom Netzbetreiber als auch vom Direktvermarkter angesteuert werden können.

Wind- und Solarstrom sollen "virtuell grundlastfähig" werden

Als weiteren Beitrag zur Netzstabilität wollen die künftigen Koalitionspartner prüfen, "ob große Erzeuger von Strom aus Erneuerbaren Energien einen Grundlastanteil ihrer Maximaleinspeisung garantieren müssen, um so einen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten". Wo dies nicht möglich ist, soll die Grundlastfähigkeit zumindest "virtuell" geschaffen werden. Zum Beispiel müßten die Betreiber von Wind- und Solarstromanlagen ihr Grundlast-Soll erfüllen, indem sie Verträge mit anderen Erzeugern schließen, die jederzeit liefern können. Das Koalitionspapier nennt hier "Betreiber von Speichern, von nachfrageabhängig regelbaren Erneuerbaren Energien, abschaltbaren Lasten oder von fossilen Kraftwerken".

"Kapazitätsmechanismus" könnte sich durch andere Lösungen erübrigen

Die Einführung einer solchen "virtuellen Grundlastfähigkeit" für Wind- und Solarstrom ließe sich auch als Fördermechanismus für die bloße Vorhaltung von Kraftwerkskapazitäten sehen, wie ihn die Betreiber von fossilen Kraftwerken seit zwei Jahren fordern (111104, 130702). Denn faktisch würden damit die Betreiber gezwungen, die notwendige Vorhaltung von Kraftwerkskapazitäten zum Ausgleich ihrer fluktuierenden Einspeisung zu bezahlen. Letztendlich würden die Kosten aber in die EEG-Umlage eingehen und so auf die Stromrechnung der Letztverbraucher abgewälzt.

Die SPD hatte sich in den Koalitionsverhandlungen die Forderung der Kraftwerksbetreiber nach "Kapazitätsmärkten" zueigen gemacht. Sie stieß damit aber auf Widerstand bei der der Union, die nicht zusätzlich zur bereits bestehenden EEG-Belastung einen neuen Subventionsmechanismus einführen will. "Wir brauchen verschiedene Mechanismen, mit denen die jeweils erforderlichen Kapazitäten langfristig am Markt gehalten werden können", heißt es in dem jetzt beschlossenen Papier. Deutschlandweit gebe es derzeit genügend Kraftwerke. Das könne sich allerdings "bis zum Ende des Jahrzehnts" ändern. Deshalb sei "mittelfristig ein Kapazitätsmechanismus zu entwickeln, unter dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz im Einklang mit europäischen Regelungen und unter Gewährleistung wettbewerblicher und technologieoffener Lösung." Dieser vage formulierte Satz ist das einzige Zugeständnis an die SPD in dieser Frage. Er läßt sich durchaus so verstehen, als ob dieser Streitpunkt bis zu den nächsten Bundestagswahlen auf Eis gelegt bzw. durch andere Lösungen ersetzt würde.

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