Oktober 2012

121008

ENERGIE-CHRONIK


Vattenfall erweitert Leistung des Braunkohle-Kraftwerks Boxberg auf 2575 MW

Vattenfall nahm am 11. Oktober im Kraftwerk Boxberg den neuen Block R mit einer elektrischen Leistung von 675 Megawatt offiziell in Betrieb. Er erweitert die Gesamtleistung der Anlage, die bisher aus drei Blöcken bestand, auf 2575 Megawatt. Die Baukosten werden mit einer Milliarde Euro beziffert. Die Grundsteinlegung erfolgte im Frühjahr 2007. Die Kohle zur Brennstoffversorgung liefern die Tagebaue Reichwalde und Nochten. Größtes Vattenfall-Kraftwerk bleibt weiterhin Jänschwalde mit sechs Braunkohle-Blöcken à 500 MW.

Festredner machen sich für weitere Braunkohle-Verstromung stark


Der Wirkungsgrad des zweiten neuen Braunkohle-Blocks in Boxberg wird mit 43,7 Prozent beziffert, gegenüber 42 Prozent beim ersten Neubau-Block und 36 Prozent bei den beiden modernisierten Blöcken aus DDR-Zeiten.
Pressefoto Vattenfall

Der neue Block lief bereits seit Februar im Probebetrieb. Ähnlich wie die beiden neuen Braunkohle-Blöcke, die RWE im August in Neurath in Betrieb nahm (120807), erreicht er nach Vattenfall-Angaben einen Wirkungsgrad von "fast 44 Prozent" und repräsentiert "den besten derzeit möglichen technischen Standard". Und ebenso wie RWE betonte Vattenfall in der Pressemitteilung zur Inbetriebnahme die mögliche Flexibilität beim Betrieb des neuen Grundlastkraftwerks: "Mit einer Laständerungsgeschwindigkeit von drei Prozent in der Minute kann Block R schon innerhalb einer Viertelstunde in einem Bereich zwischen 200 bis 250 MW hoch- beziehungsweise heruntergefahren werden."

An der üblichen Startknopf-Zeremonie beteiligten sich neben der deutschen Vattenfall-Spitze der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich und der stellvertretende IGBCE-Vorsitzende Ulrich Freese. Die Festredner verteidigten dabei die Ausweitung der Stromerzeugung aus Braunkohle. Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka erklärte: "Mit dem Schnellausstieg aus der Kernenergie verliert Deutschland in den kommenden zehn Jahren etwa die Hälfte seiner kostengünstigen, regelbaren, zuverlässigen Grundlast. Damit verbleibt als alleinige Stütze einer unabhängigen und wettbewerbsfähigen Stromversorgung in Deutschland allein die Kohle, oder, um es ganz präzise zu sagen, die Braunkohle." Der IGBCE-Gewerkschafter Freese unterstrich: "Braunkohlebergbau und Braunkohleverstromung ist für den Industriestandort Deutschland von elementarer Bedeutung. Die Bedeutung der Braunkohle wird mit dem Auslaufen der Kernenergie noch zunehmen. Wir werden neue Tagebaufelder und auch in der Folge neue umweltfreundliche Kraftwerke hier in der Lausitz für den Standort Deutschland brauchen." Für den Ministerpräsidenten Tillich (CDU) ist die Braunkohle "ein bedeutenden Partner für die Erneuerbaren Energien, da sie Versorgungssicherheit garantiert".

"Block R" sollte eigentlich schon in den neunziger Jahren gebaut werden

In den achtziger Jahren war Boxberg mit 14 Braunkohle-Blöcken und einer Gesamtleistung von 3520 MW das größte Kraftwerk der DDR. Nach der Wende beschlossen die damaligen Vereinigten Energiewerke AG (VEAG) die Stillegung aller zwölf Blöcke à 210 MW (920107). Parallel zur sukzessiven Abschaltung dieser zwölf Blöcke bis 1998 wurden die beiden übrigen Blöcke à 500 MW auf bundesdeutschen Standard nachgerüstet (960707). Außerdem waren zwei Neubauten geplant, von denen aber wegen der sinkenden Stromnachfrage im Osten zunächst nur ein 900-MW-Block in Angriff genommen wurde (940203) und Ende 2000 in Betrieb ging (001022). Erst der VEAG-Nachfolger Vattenfall vollendete nun den vor zwanzig Jahren konzipierten "Block R", der mit seiner Bezeichnung an die zwölf abgeschalteten DDR-Blöcke (A bis M), die beiden nachgerüsteten Blöcke (N und P) sowie den ersten Neubau-Block (Q) anknüpft.

Links (intern)