August 2010

100808

ENERGIE-CHRONIK


Verzögert die Regierung absichtlich den "Monitoringbericht 2010"?

Nach Ansicht der Umweltorganisation Greenpeace verzögert das Bundeswirtschaftsministerium absichtlich die Publizierung des aktuellen Berichts zum "Monitoring der Versorgungssicherheit" im Bereich der Stromversorgung gemäß § 51 EnWG, der aufgrund der Vorschriften in § 63 EnWG alle zwei Jahre bis spätestens zum 31. Juli veröffentlicht werden muß. Der Grund dafür sei, daß aus dem nunmehr fälligen zweiten Bericht – genauso wie aus dem ersten des Jahres 2008 – klar hervorgehe, daß die deutsche Stromversorgung auch ohne Laufzeitverlängerungen für die Kernkraftwerke gesichert sei. "Wirtschaftsminister Rainer Brüderle bricht deutsches Recht, nur um zu vertuschen, dass wir die Atomkraft in Deutschland nicht mehr brauchen", erklärte der Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer.

Greenpeace hat deshalb am 23. August beim Verwaltungsgericht Berlin beantragt, das Bundeswirtschaftsministerium zur unverzüglichen Vorlage des Berichts zu verpflichten. Die Mißachtung des im Gesetz genannten Termins sei eine Amtspflichtverletzung gegenüber der deutschen Öffentlichkeit und gegenüber der Europäischen Kommission, an die nach § 63 EnWG der Bericht ebenfalls weiterzuleiten ist.

Eine Bekräftigung des Fazits von 2008 würde der neuen Regierung nicht so recht ins Konzept passen

Der erste Monitoringbericht war zu dem Fazit gelangt: "Insgesamt bleibt festzuhalten: Für den Zeitraum bis 2020 dürften in Deutschland ausreichende Erzeugungskapazitäten zur Verfügung stehen, um die Versorgungssicherheit im Bereich der Elektrizitätsversorgung zu gewährleisten." Einschränkend hieß es, daß bei Fortdauer der Akzeptanzprobleme neuer Kohlekraftwerke neben höheren Strompreisen auch Versorgungsengpässe im Zeitraum 2015 bis 2020 auftreten könnten. Dieses Fazit entsprach damals ziemlich genau der energiepolitischen Marschroute der auftraggebenden schwarz-roten Koalition, die überein gekommen war, nicht an den Ausstieg aus der Kernenergie zu rühren.

Da es keine sachlichen Gründe gibt, zwei Jahre später zu einer völlig anderen Beurteilung zu kommen, dürfte der nunmehr fällige zweite Bericht tatsächlich nicht ganz auf der Linie der nunmehr regierenden schwarz-gelben Koalition liegen, die eine Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke auch gern mit höherer Versorgungssicherheit begründen würde. Es klingt somit einigermaßen plausibel, daß sie die Veröffentlichung solange verhindern möchte, bis sie Ende September ihr Energiekonzept vorgelegt und die Einzelheiten der Laufzeiten-Verlängerung über die Hürden gebracht hat.

Das EWI übernimmt die Rolle des Sündenbocks

Auch der Bericht 2008 war mit leichter Verzögerung erst am 11. August veröffentlicht worden, obwohl er vom 30. Mai datierte. Das Bundeswirtschaftsministerium begründete die nunmehrige Verschiebung des Folgeberichts in den Herbst mit Arbeitsüberlastung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität Köln (EWI), das zusammen mit dem Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der RWTH Aachen (IAEW) und der Consulting für Energiewirtschaft und –technik GmbH (Consentec) bereits den ersten Bericht erstellte. Das EWI scheint auch bereit zu sein, die Rolle des Sündenbocks zu übernehmen. Inoffiziell verlautete aus Kreisen des Instituts, die Darstellung des Auftraggebers sei "im Grunde sachgerecht" (SZ, 25.8.)

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