August 2010

100801

ENERGIE-CHRONIK


RWE erhöhte Strompreise trotz gesunkener Kosten

Die erneute Strompreiserhöhung, die RWE zum 1. August vornahm (100610), läßt sich weder mit höheren Beschaffungskosten noch mit dem Anstieg der EEG-Umlage begründen. In Wirklichkeit wäre aufgrund der gesunkenen Börsenpreise eine Preissenkung um knapp ein Cent pro Kilowattstunde angemessen gewesen. Auch der Anstieg der EEG-Umlage zum Jahresbeginn hätte nur eine Erhöhung um 0,7 Cent/kWh gerechtfertigt, so daß per Saldo allenfalls eine "Preisanpassung" nach unten gerechtfertigt gewesen wäre. Zu diesem Schluß gelangt ein Gutachten, das der Energieexperte Gunnar Harms im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen erstellte und das Anfang August veröffentlicht wurde.

Generell seien die seit 2008 stark gesunkenen Großhandelspreise für Strom (090403) sowie auch gesunkene Brennstoffkosten nicht an die Haushaltskunden weitergegeben worden, heißt es in dem Gutachten. Lediglich Gewerbe- und Industriekunden hätten vom starken Rückgang der Börsenpreise um 30 bis 40 Prozent profitieren können. Für Haushaltskunden seien dagegen die Preise um über sieben Prozent gestiegen. Durch diese "nicht nachvollziehbaren Preiserhöhungen" müßten die Verbraucher im laufenden Jahr rund eine Milliarde Euro zuviel an die Stromversorger zahlen. Allein RWE kassiere durch die ungerechtfertigte Strompreiserhöhung rund hundert Millionen Euro.

Auch bei hundertprozentiger Portfolio-Beschaffung am Terminmarkt gäbe es keinen Grund für Preiserhöhungen

Das Gutachten konzediert den Stromversorgern, daß ihre Strombeschaffungskosten nicht so sehr von der kurzfristigen Preisentwicklung am Spotmarkt als von längerfristig getätigten Geschäften am Terminmarkt bestimmt würden. Aber selbst bei einer langfristigen Beschaffungsstrategie hätten die Preise mittlerweile längst das Niveau von 2008 unterschritten:

Bei der üblichen Praxis der Portfoliobeschaffung und bei hundertprozentiger Deckung des Bedarfs am Terminmarkt ergäben sich so folgende Preise in Cent/kWh:

Jahr
Vorlaufzeit in Jahren
1 1,5 2 2,5 3
2008 5,6 5,6 5,5 5,3 5,1
2009 7,0 6,6 6,3 6,1 6,0
2010 4,9 5,7 6,0 5,9 5,8
2011 (nach Stand vom 21.6.2010) 5,2 5,0 5,1 5,5 5,7

Auch am Terminmarkt lägen somit 2010 alle Preise unter denen des Jahres 2009. Damit gebe es keine Rechtfertigung für Preiserhöhungen aufgrund gestiegener Beschaffungskosten. Vielmehr hätten die Preise – je nach Dauer des Beschaffungsvorlaufs, der im Durchschnitt etwa 18 Monate beträgt – zwischen 0,2 und 2 Cent/kWh sinken müssen. Eine weitere Senkung der Bezugskosten ergebe sich bei teilweiser Deckung des Bedarfs am Spotmarkt. So würde ein zehnprozentiger Spotmarkt-Anteil den Preis für 2009 bei 18-monatiger Vorlaufzeit von 6,6 auf 6,3 Cent/kWh drücken.

Umstellung des EEG-Ausgleichsverfahrens eine "Fehlkonstruktion"

Nebenbei kritisiert das Gutachten auch die Umstellung des EEG-Ausgleichsverfahrens, die zum Jahresbeginn die EEG-Umlage sprunghaft ansteigen ließ (100407) und noch weiter in die Höhe treiben wird (100708). Die Einführung negativer Preise an der Börse (091201) sei zwar an sich nicht negativ zu bewerten. In Verbindung mit der Umstellung des EEG-Ausgleichsverfahrens (091201) bewirke sie aber eine "Fehlkonstruktion" zu Lasten der Letztverbraucher: "Die Fehlkonstruktion besteht darin, daß es für die Kraftwerksbetreiber keinen oder nur einen geringen Anreiz zur Abregelung ihrer Leistung in lastschwachen Zeiten gibt, da sie die wirtschaftlichen Folgen nicht selbst tragen müssen. Die mit den negativen Preisen einhergehenden Kosten werden nicht bei ihnen - als Verursacher - sondern beim Endverbraucher abgeladen."

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