Januar 2010

100101

ENERGIE-CHRONIK



Kurz vorm Jahresende 2009 wurden zum letzten Mal hohe Millionen-Verluste aus der Windstrom-Verramschung aufs Konto der Systemdienstleistungen gebucht und im Rahmen der Netzkosten verrechnet. Sechs Tage später trat die Neuregelung des EEG-Ausgleichs in Kraft. Seitdem können die Übertragungsnetzbetreiber die Verluste aus dem Windstromverkauf über die EEG-Umlage direkt auf die Verbraucher abwälzen.

Netzbetreiber zahlten Millionen Euro, um zehn Stunden lang Windstrom verschenken zu können

In der vortägigen Spotmarkt-Auktion am 25. Dezember 2009 sank der Preis für Stundenkontrakte am zweiten Weihnachtsfeiertag auf bis zu minus 199,99 Euro pro Megawattstunde. In den insgesamt zehn Stunden, in denen der Strompreis unter die Grenze von null Euro in den negativen Bereich abstürzte, belief sich die zusätzlich erforderliche Prämie für die Abnahme verschenkten Stroms auf 22.227.088 Euro. Auch über alle 24 Stunden des Tages hinweg ergab sich bei einem Handelsvolumen von insgesamt 430.270 Megawattstunden ein Verlust von 15.543.140 Euro. Der Durchschnittspreis pro Megawattstunde lag im Tagesmittel bei minus 35,57 Euro (siehe Tabelle).

Die obenstehende Grafik zeigt, wie sich der Preis für Stundenkontrakte an der EEX von null bis elf Uhr im negativen Bereich bewegte. Den Absturz bis an die Marke von minus 200 Euro konnte auch eine nochmalige Auktion nicht verhindern, die wegen Unterschreitens der Grenze von minus 150 Euro nach dem Börsen-Reglement durchgeführt wurde. Infolge des stundenlangen Absturzes in den Minusbereich war sogar der Durchschnittspreis für den ganzen Tag stark negativ. Daß der Preisabsturz schließlich just bei minus 199,99 Euro gestoppt wurde, dürfte darauf zurückzuführen sein, daß die Netzbetreiber mit der Bundesnetzagentur vereinbart haben, den Pflichtverkauf des EEG-Stroms an der Börse nur bis einer Untergrenze von minus 200 Euro durchzuführen. Andernfalls würden die Negativpreise erst bei minus 3000 Euro/MWh gestoppt.

Die bizarren Negativpreis-Rekorde vom 4. Oktober und 24. November, die den Strompreis für Stundenkontrakte auf bis zu 500 bzw. 150 Euro abstürzen ließen (091201), wurden damit nochmals überboten, was die Dauer der negativen Notierungen und das Ausmaß des Gesamtschadens betrifft. Es handelt sich dabei nicht um Einzelfälle, sondern nur um die extremsten Auswüchse, seitdem die Strombörse EEX im September 2008 auf Wunsch der Übertragungsnetzbetreiber die Preisskala, die bis dahin von null bis 3000 Euro pro Megawattstunde reichte, spiegelbildlich um die Null-Achse in den Negativbereich erweiterte. Dem Vernehmen nach sind die Preise seitdem schon an rund 130 Tagen stundenweise in den negativen Bereich gerutscht.

Die eigentlich Leidtragenden sind die Stromverbraucher

Zu den wenigen Medien, die über das erneute Preis-Debakel an der Strombörse berichteten, gehörte die "tageszeitung" (27.12.). Allerdings hielt sie nur die Betreiber von konventionellen Kraftwerken für die Leidtragenden: "Für Betreiber von Großkraftwerken ist das bitter: Bei einer Anlage mit 1.000 Megawatt Leistung legen sie rechnerisch pro Stunde 200.000 Euro drauf, um den Strom vermarkten zu können. Dennoch kann es für sie billiger sein, als die Kraftwerke zu drosseln. Denn dies führt zu hohen Kosten durch überproportionale Belastung der Anlagen."

In der Tat kann es für Kraftwerksbetreiber vorteilhafter sein, ihre Anlagen trotz Negativpreisen am Netz zu belassen, anstatt sie kurzfristig ab- und wieder anzufahren. Das ist aber gerade ein Faktor, der negative Strompreis-Situationen noch verschärft, weil ein hohes Aufkommen an Wind- oder Solarstrom dann noch weniger abgesetzt werden kann. Die eigentlich Leidtragenden von Negativpreisen sind deshalb die Stromverbraucher, denen die dadurch entstehenden Kosten letztendlich aufgebürdet werden. In der Hauptsache geschieht dies über die EEG-Umlage. Die Übertragungsnetzbetreiber sind nämlich verpflichtet, den eingespeisten EEG-Strom an der Börse zu verkaufen. Bei Negativpreisen bedeutet dies, daß sie ihn sogar gegen Aufgeld verschenken müssen. Die EEG-Umlage wird damit gleich doppelt strapaziert: Während sie früher nur die Differenz zwischen Einspeisungsvergütung und durchschnittlichem Marktpreis subventionierte, muß sie nun auch noch dazu herhalten, die so erzeugten Wind- und Solarstrommengen via Negativpreise quasi vernichten zu können.


 

Die bisherigen Negativpreis-Rekorde am EEX-Spotmarkt für Stundenkontrakte

 

Tag Gesamtes Handelsvolumen pro Tag in MWh höchster Negativpreis in Euro/MWh Durch 24 Stunden gemittelter Durchschnittspreis in Euro/MWh Wert des gesamten Handelsvolumens in Euro Wert des gesamten Handelsvolumens im negativen Preisbereich in Euro
 4.10.2009 412 491 – 500,02 – 11,85 – 5 595 893 – 14 086 656
24.11.2009 489 209 – 149,94 – 23,08 – 15 543 140 –  4 097 034
26.12.2009 403 270 – 199,99 – 35,57 + 510 856 – 22 227 088

 

Links (intern)

Link (extern, ohne Gewähr)