Oktober 2006

061004

ENERGIE-CHRONIK


Debatte im Bundestag über Antrag zur Verstaatlichung der Strom- und Gasnetze

(Auszug aus dem Protokoll der Bundestagssitzung vom 19. Oktober 2006)

 


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Strom- und Gasnetze in die öffentliche Hand
- Drucksache 16/2678 -

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie (f)
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Herbert Schui, Hans-Kurt Hill, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Regelmäßige technische Überprüfung der Stromnetze
- Drucksache 16/1447 -

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die Fraktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Hans-Kurt Hill, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Hans-Kurt Hill (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wir zurzeit auf dem Energiemarkt beobachten, ist doch ein Stück aus dem Tollhaus.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Energiekonzerne glauben, sie können tun und lassen, was sie wollen, und die Regierung sieht tatenlos zu. Die Strom- und Gasnetze sind nahezu vollständig in der Hand von RWE, Eon, Vattenfall und EnBW. 80 Prozent der Kraftwerkskapazitäten werden von den großen Vier kontrolliert. Wird erwogen, in das Kartell einzugreifen, drohen die Konzerne schon einmal indirekt mit Stromausfall. Man wolle den Neubau von Kraftwerken zurückhalten, wenn mehr reguliert werde. Eine Drohung nach der anderen. Die 13,5 Milliarden Euro Profit letztes Jahr waren wohl nicht genug. Irgendjemand kriegt den Hals wohl nicht voll.

Nun gibt es neben RWE und Co. neue Energieanbieter auf dem Markt. Tatsächlich ist gut die Hälfte der geplanten Kraftwerksprojekte von anderen Unternehmen geplant. Doch von Wettbewerb keine Spur. Da wird schlicht der Zugang verweigert, Bürokratie vorgeschoben oder es werden unerfüllbare Auflagen gemacht. Ein Beispiel: Im Fall von Engpässen sollen die Kraftwerke der großen Vier Vorrang vor Anlagen anderer Anbieter haben. Mit anderen Worten: RWE und Co. können die Konkurrenz ausschalten. Ein anderes Beispiel: RWE verlangt von einem Energieanbieter, der ein neues Kraftwerk plant, er soll doch bitte 600 Millionen Euro für 150 Kilometer Netzausbau selber zahlen. Das ist faktisch das Aus für solch ein Projekt. RWE kann so das Energieangebot weiter knapp halten und die Börsenpreise für Strom manipulieren.

Aus meiner Sicht ist das Missbrauch. So kann es nicht weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Netzeigner weigern sich auch, die Netze auf den wachsenden Anfall erneuerbarer Energien auszurichten. Das Ergebnis heißt dann Lastenmanagement. Auf Deutsch, Windkraftanlagen werden schlicht abgeschaltet, wenn bei guten Windverhältnissen viel CO2-freier Strom erzeugt wird. Der Netzausbau richtet sich also nicht nach der Zukunftsfähigkeit der Energieversorgung, sondern nach Eigeninteressen und Profit.

Damit hier kein Missverständnis aufkommt: Die Bundesnetzagentur ist unverzichtbar, um die jetzige Situation einigermaßen in den Griff zu bekommen. Wir unterstützen die Fachleute nach Kräften; denn die Aufgaben sind enorm. Die Linke fordert deshalb eine Anhebung des Etats der Behörde um 5 Millionen Euro, auch damit sie die technische Sicherheit der Netze neutral und kompetent überwachen kann. Das ist übrigens unabhängig von der Eigentumsfrage notwendig.
Mit Blick auf die Marktmacht der großen Vier wird aber der Erfolg der Bundesnetzagentur begrenzt bleiben. Sie kann naturgemäß keine Entscheidungen darüber treffen, wie die Energieversorgung und damit die Netzstruktur zukünftig aussehen soll. Die Kontrolle der Netzbetreiber stößt aber auch schnell an Grenzen, wenn es um die Betriebsgeheimnisse geht. Beispiel: Das Gutachten zum katastrophalen Stromausfall im Münsterland konnte nur teilweise veröffentlicht werden, weil - ich zitiere - "es Bezug nimmt auf interne Unterlagen der RWE, die als Geschäftsgeheimnisse deklariert sind".

Was am Ende herauskommt, erleben die Strom- und Gaskunden dieser Tage: Die Netzagentur senkt die Netzentgelte. Die Energieversorger erhöhen die Kosten bei der Erzeugung. Unterm Strich kann man froh sein, dass die Preiserhöhung geringer ausfällt. Von sinkenden Strom- und Gaspreisen kann also keine Rede sein.

Fazit: Die Netze sind gewissermaßen die Achillesferse der Energieversorgung. Sie gehören deshalb in die öffentliche Hand, um dem Versorgungsanspruch gerecht zu werden, Missbrauch zu verhindern, die Energieversorgung zukunftsgerecht zu gestalten und für die Kommunen eine umfassende Mitgestaltung zu gewährleisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb liegen Ihnen heute zwei Anträge zur Entscheidung vor. Stellen Sie sich auf die Seite der Verbraucherinnen und Verbraucher! Stimmen Sie den Anträgen zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer, CDU/ CSU-Fraktion.

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Analyse können wir uns in diesem Hause über einiges verständigen; in der einen oder anderen Frage sind wir einigermaßen gleicher Meinung. Aber in der Bewertung und vor allem in den Schlussfolgerungen - ich werde gleich darauf eingehen - sind wir es mit Sicherheit nicht.

In der Tat ist festzustellen, dass der Wettbewerb im Energiebereich - dazu zählen nicht nur der Strombereich, sondern selbstverständlich auch die Wärme und das Gas - und auch auf anderen Feldern - ich erinnere nur an den Transport und an den Verkehr - noch nicht richtig funktioniert. Gerade beim Strom - man muss da unterscheiden und sollte nicht alles über einen Kamm scheren - haben wir 1998 bewusst den Weg in die Liberalisierung beschritten. Die Liberalisierung und der Wettbewerb im Strombereich funktionieren bisher aber nur eingeschränkt. Insoweit sind wir in der Analyse noch einig.

Im Erzeugungsbereich gab es anfänglich wesentliche Fortschritte bei der Liberalisierung: Rationalisierungs- und Liberalisierungseffekte in einer Größenordnung von 8,5 Milliarden Euro. Das kam den Stromverbrauchern direkt zugute: Ende der 90er-Jahre und in den Jahren 2000 bis 2001 hatten wir sinkende Strompreise zu verzeichnen.

Auf der anderen Seite gibt es Bereiche wie das natürliche Monopol Netz, in denen wir in Deutschland erst einen Sonderweg beschritten haben, nämlich den des verhandelten Netzzugangs. Dieser Weg hat sich nicht als erfolgreich erwiesen. Aus Einsicht und weil in der EU mit den Beschleunigungsrichtlinien ein anderer Weg beschritten wird, haben wir letztes Jahr mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes die Grundlage gelegt, im Bereich des natürlichen Monopols Netz einen Wettbewerb zu implementieren, der ebenfalls dafür sorgt, dass es zu sinkenden Preisen und Entgelten kommt.

Im Energiewirtschaftsgesetz ist für eine Übergangsphase bis einschließlich 2007 - das Gesetz ist im Juli letzten Jahres in Kraft getreten - eine Ex-ante-Kostenregulierung vorgesehen. Dafür brauchen wir die Bundesnetzagentur, die in der Tat der Kostenkalkulation auf den Grund geht und in diesem Jahr wirklich erfolgreich arbeitet. Im Grunde stündlich gehen die Bescheide ein, was Gas- und Stromentgelte anbelangt. Insofern ist hier mit Sicherheit eine preisdämpfende Wirkung festzustellen. Die Monopolrenditen werden dadurch reduziert.

Wir haben uns aber auch darauf verständigt, für die Zeit vom 1. Januar 2008 an in diesem Bereich eine Anreizregulierung zu implementieren, die Vergleichsmärkte in den Blick nimmt und gerade erst im Entstehen ist. Sie wird am 1. Januar 2008 in Kraft treten und soll dann ihre Wirkung entfalten, was sie, gut angelegt, mit Sicherheit auch tun wird.

Das Folgende sage ich nicht nur zu Ihrem Antrag, sondern auch zu der Diskussion auf europäischer Ebene, die aktuell geführt wird und für die, wenn ich das richtig sehe, Teile des Koalitionspartners gewisse Sympathien hegen. Ein eigentumsrechtliches Unbundling wäre maximal ein weiterer Schritt, der zu prüfen wäre, wenn die anderen Instrumente nicht funktionieren würden.

Mit Verlaub, Herr Kollege Hill: Sie haben das Ganze zwar differenziert dargestellt und gesagt, dass die Bundesnetzagentur benötigt und eigentlich auch gestärkt werden müsse, aber wenn ich Ihren Antrag richtig sehe, dann fordern Sie mit einem Griff in die sozialistische Mottenkiste - dazu fällt mir nichts mehr ein -, als wären 40 Jahre DDR-Sozialismus mit "Ruinen schaffen ohne Waffen" spurlos an Ihnen und uns vorübergegangen, die Enteignung bzw. Vergesellschaftung der Strom- und Gasnetze.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hill?

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Selbstverständlich. Ich habe heute Abend keinen Termin mehr. Insofern habe ich viel Zeit. Zumindest habe ich meinen nächsten Termin erst um 8 Uhr.

(Heiterkeit)

Hans-Kurt Hill (DIE LINKE):

Wir haben noch einen Termin.

Herr Kollege Pfeiffer, Sie haben gerade von der SED-Vergangenheit gesprochen, die Sie wieder aus der Mottenkiste ausgegraben haben.

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Ich habe aus Ihrem Antrag zitiert.

Hans-Kurt Hill (DIE LINKE):

In zwei Ländern, nämlich in Dänemark und in den Niederlanden, sind die Netze verstaatlicht worden. Beide Länder haben meines Erachtens relativ konservative Regierungen. Meinen Sie, dass der Weg, der dort beschritten worden ist, falsch ist?

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Auch in diesem Fall gilt, Herr Kollege Hill, dass man sich zunächst einmal mit dem Sachverhalt auseinander setzen und dass man prüfen sollte, wie sich die Lage wirklich darstellt. Die Situation unterscheidet sich in allen anderen europäischen Ländern mit Ausnahme Österreichs von der in Deutschland. Traditionell haben sich in den anderen europäischen Ländern die Netze bereits in einer Hand, vormals zumeist in staatlicher Hand, befunden. Das gilt zum Beispiel für England und auch für Frankreich. Dort gibt es eine ganz andere Tradition: Die Dinge haben sich seit 100 Jahren, seit Entstehen der Netze, ganz anders entwickelt als in Deutschland.

Ich glaube nicht, dass eine Lösung für Deutschland in der Errichtung dezentraler Netze bestehen würde. Sie haben Recht, dass es nur vier Übertragungsnetzbetreiber gibt. Das gesamte deutsche Stromnetz und die Verteilungsebene befinden sich aber in den Händen mehrerer Hundert Betreiber, etwa von Stadtwerken. Ich habe nur Ihren Antrag zitiert. Sie wollen, dass der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordert, einen Gesetzentwurf einzubringen - ich wiederhole das -, der eine Enteignung bzw. Vergesellschaftung der Strom- und Gasnetze zum Gegenstand hat.

(Abg. Hans-Kurt Hill [DIE LINKE] nimmt wieder Platz)

- Ich bin noch bei der Beantwortung der Frage von Herrn Hill. Vielleicht können Sie die Uhr anhalten, Frau Präsidentin.

Sie fordern eine Verstaatlichung. Das ist mit Sicherheit der falsche Weg, Herr Hill. Er ist wirklich nur mit dem Griff in die sozialistische Mottenkiste zu begründen.

(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Da müssen Sie einmal hören, was der Herr Kurth dazu sagt!)

- Herr Kurth fordert mit Sicherheit nicht die Verstaatlichung der Netze. Das wäre mir ganz neu. Das hat er weder bei seiner Berichterstattung in der letzten Beiratssitzung, in der Sie wohl nicht anwesend sein konnten, noch sonst wo gefordert.

Nichtsdestotrotz ist Tatsache, dass der Wettbewerb in dem Erzeugungsbereich nicht richtig funktioniert. Doch inzwischen haben wir im Netzbereich die Instrumente dafür angelegt. Nun müssen wir noch dafür sorgen, dass sie entsprechend wirkungsvoll werden. Unterstützen Sie uns deshalb bei der Umsetzung einer Anreizregulierung, die preisdämpfend wirkt!

Insgesamt kann ich nur davor warnen, dass die Politik falsche Hoffnungen weckt. Sie vermitteln den Eindruck, es müsse nur alles in staatliche Hand überführt werden, dann würden die Preise stabil bleiben oder sogar sinken. Das wird mit Sicherheit nicht der Fall sein. Wenn wir uns für den Weg der Liberalisierung und der Marktwirtschaft entschlossen haben, müssen wir diesen Weg auch konsequent gehen. Das fordere ich ein. Bislang gehen wir ihn nämlich nicht konsequent. Wir haben im Bereich der Erzeugung heute noch keinen richtigen Wettbewerb. Deswegen haben wir beispielsweise gesagt, dass die Tarifpreisgenehmigung im nächsten Jahr auslaufen soll.

Es gibt aber auch Leute, die fordern, die Tarifpreisgenehmigung zu verlängern. Dann würden wir ein staatliches Siegel für die gesamten Stromkosten behalten, welches den Preis, bei dem durchaus Spielraum besteht - weil dieser Spielraum besteht, ist doch das Kartellamt mit seinen Bemühungen gescheitert -, legitimiert. Der marktkonforme Weg muss und wird deshalb sein, das Kartellamt entsprechend zu stärken. Nicht wir sollten die Tarifkontrolle ausüben, sondern das Kartellamt. Dafür müssen wir die Vorschriften über die Missbrauchsaufsicht anpassen und dem Kartellamt zeitlich begrenzt - bis es auch im Erzeugungsbereich im notwendigen Umfang funktioniert - die entsprechenden Möglichkeiten einräumen.

(Zuruf des Abg. Hans-Kurt Hill [DIE LINKE])

- Sie können ja gerne eine Zwischenfrage stellen. Ich habe, wie gesagt, ja noch Zeit.

(Rolf Hempelmann [SPD]: Wir aber nicht! Keine Einladungen!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege, die Zwischenfragen lässt die Präsidentin zu.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Vielen Dank für die Hilfestellung in der Interpretation der Geschäftsordnung.

Mehr Wettbewerb gibt es nur mit mehr Erzeugung. Wir brauchen dezentrale Erzeugung, die jetzt ja auch wieder attraktiv wird. Deshalb müssen wir die Netzzugangsbedingungen verbessern. Die Bundesnetzagentur und das Bundesministerium für Wirtschaft sind gefordert, den Netzzugang so zu konzipieren, dass neue Wettbewerber die Möglichkeit haben, einzuspeisen. Das gilt sowohl für die Wettbewerber aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, von denen es viele Klagen gibt, dass sie nicht richtig einspeisen können, als auch für neue Wettbewerber aus dem Bereich der fossilen Energien, die in Deutschland an den Markt kommen wollen.

Wir werden nur mit mehr Liquidität im Markt erreichen, den Wettbewerb zu stärken. Deshalb werbe ich dafür, dass wir nicht das zarte Pflänzchen des Wettbewerbes, das gerade im Begriff ist, sich zu entwickeln, kaputt treten und durch staatliche Reglementierungen ersetzen. Es ist nämlich nicht so, dass der Staat alles besser weiß und deshalb Preise festsetzen kann. Vielmehr müssen wir den Wettbewerb so stärken, dass er auch wirklich greift. Das geht eben nur mit marktkonformen Instrumenten. Damit stärken wir zugleich die Wahlfreiheit der Kunden. Wie in anderen Bereichen soll der Kunde auswählen können, woher er seinen Strom und seine Energie bezieht. Im Ergebnis setzt dann, in marktkonformer Weise, der Kunde die Höchstpreise fest. Das ist heute nicht der Fall.

Nur wenn wir unseren Weg konsequent weitergehen, dann werden wir - das wird allerdings noch eine gewisse Zeit dauern - die Früchte unserer Bemühungen ernten können, nicht aber bei einer Verstaatlichung und Vergesellschaftung der Netze. Das hat schon in der DDR nicht funktioniert; daran leiden wir noch heute. Sie aber fordern das heute wieder ein! Das ist der falsche Weg. Der marktkonforme Weg ist der richtige. Diesen wird die Koalition - hoffentlich mit Unterstützung der FDP und vielleicht auch der Grünen - beschreiten.

(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Und der Verbraucher zahlt es!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat die Kollegin Gudrun Kopp, FDP-Fraktion.

Gudrun Kopp (FDP):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Wir stehen im Deutschen Bundestag vor der Frage, worauf wir setzen: auf Verstaatlichung von Netzen oder auf eine konsequente Regulierung der Netze, um einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu gewährleisten. Wir als FDP-Bundestagsfraktion haben uns dafür entschieden, hier auf konsequente Regulierung zu setzen, weil wir anders leider nicht zu mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt kommen; da gebe ich dem Kollegen Pfeiffer ausdrücklich Recht. Die Stärkung des Wettbewerbs ist aber notwendig und Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt die Chance zur Kostensenkung erhalten.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Hill, Sie setzen in einer Reflexbewegung, die aus jahrzehntelang geübter politischer Überzeugung in die Neuzeit übertragen wurde, wiederum auf den Staat und sagen tatsächlich, hier müsse eine Verstaatlichung der Netze erfolgen; die führe automatisch zu niedrigeren Preisen. Das ist eine Logik, über die ich nicht einmal mehr lachen kann.

(Dr. Rainer Wend [SPD]: Doch, kann ich!)

Gerade das Beispiel Airbus zeigt doch: In dem Moment, wo sich Politik in dem Sinne einmischt,

(Klaus Barthel [SPD]: Ohne Politik gäbe es keinen Airbus!)

dass sie versucht, wirklich ins Management einzugreifen, in dem Moment, wo nicht Unternehmer einen Betrieb führen, sondern sich der Staat direkt einmischen soll, geht meist vieles schief. Wir haben erlebt, dass dort, wo das Regime vom Staat übernommen wird, mehr Bürokratie, mehr Ineffizienz und viel mehr Kosten entstehen. Diese Lektion können wir lernen.

(Beifall bei der FDP)

Sie fordern in Ihrem Antrag ein eigentumsrechtliches Unbundling, also eine Entflechtung von Netzen und Erzeugung, zum jetzigen Zeitpunkt. Ich glaube, dass dies der falsche Weg ist. Wir haben das auch in der FDP-Bundestagsfraktion diskutiert und sind zu der Ansicht gekommen, dass es wichtig ist, die Wirksamkeit aller Instrumente, die hier zu einer Entflechtung führen sollen - organisatorische, buchhalterische und ab dem nächsten Jahr auch rechtliche -, zu prüfen und dann abzuwarten, ob mit der Anreizregulierung die von uns allen angestrebte Entflechtung und damit auch Wettbewerbsstärkung erfolgen. Die eigentumsrechtliche Entflechtung kann nach unserer Überzeugung allenfalls ein allerletztes Instrument sein, wenn denn gar nichts anderes mehr geht.

(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Also doch!)

Zur Historie - der Kollege Pfeiffer hat das ganz richtig dargestellt - : In den anderen EU-Staaten haben und hatten wir es zumeist mit einem großen Staatsunternehmen zu tun, während wir in Deutschland immerhin bis zu 1 700 Netzbetreiber haben.

(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: 80 Prozent der Netze sind in Händen der vier, nicht von 1700!)

Sie müssen bedenken, dass bei einer solchen Entflechtung zum jetzigen Zeitpunkt auch mit großen Gerichtsverfahren zu rechnen wäre. Die Zeit sollten wir lieber nutzen, um zur Herstellung von Wettbewerb die richtigen Instrumente einzusetzen. Dafür haben wir die Bundesnetzagentur. Sie soll wirken. Wir haben daneben das Bundeskartellamt, das als Missbrauchsaufsichtsbehörde sehr wertvolle Dienste leistet und das man personell noch verstärken sollte; das wäre sinnvoll.
Nun braucht man bei einer solchen Regulierung natürlich das Instrument der Geduld. Wir müssen Geduld aufbringen, damit sich die Wirkung dessen, was wir mit dem Energiewirtschaftsgesetz beschlossen haben, auch entfalten kann. Ich sage es noch einmal: Der diskriminierungsfreie Netzzugang ist das Allerwichtigste, damit weitere Erzeuger und neue Anbieter hier Fuß fassen können und damit die Verbraucher in die Lage versetzt werden, zum jetzigen Zeitpunkt ihre Anbieter zu wechseln - beim Gas vermehrt erst in Zukunft -, damit es hier hoffentlich zu Preissenkungen kommt.

(Beifall bei der FDP)

Das kann man nicht versprechen. Aber das ist natürlich auch unser Ziel, denn es kann nicht sein, dass Politik hilflos zusieht, wie hier Monopolstrukturen - darum geht es - weiter bestehen können, ohne dass wir versuchen, in besserer Weise einzuwirken. Das heißt also, liebe Kollegen und Kolleginnen, wir sind uns einig - die meisten jedenfalls, glaube ich -, dass eine Verstaatlichung auf gar keinen Fall der richtige Weg ist. Vielmehr müssen wir den Wettbewerb durch konsequente Regulierung stärken. Wir sollten alles daransetzen, gemeinsam die Bundesnetzagentur in ihren Bemühungen zu unterstützen. Wir sollten nicht ständig neue Instrumente erfinden und jetzt zum Beispiel eine Preisaufsicht aus dem Hut ziehen, statt abzuwarten, ob sich die Wirkungen dessen, was wir bereits beschlossen haben, jetzt entwickeln. Also: keine Verstaatlichung, sondern konsequent an der Herstellung von mehr Wettbewerb arbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Rolf Hempelmann, SPD-Fraktion.

Rolf Hempelmann (SPD):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Einer der beiden Anträge, die die Linke zur heutigen Debatte gestellt hat, ist fast untergegangen. In diesem Antrag geht es um die regelmäßige technische Überprüfung der Stromnetze. Allein die Antragstellung suggeriert natürlich schon, in dieser Beziehung sei in den letzten Jahren nichts geschehen. Das ist falsch. Wir haben im letzten Jahr - das ist mehrfach erwähnt worden - ein neues Energiewirtschaftsgesetz auf den Weg gebracht. Da heißt es in § 13 Abs. 7:

Zur Vermeidung schwerwiegender Versorgungsstörungen haben Betreiber von Übertragungsnetzen jährlich eine Schwachstellenanalyse zu erarbeiten und auf dieser Grundlage notwendige Maßnahmen zu treffen. Das Personal in den Steuerstellen ist entsprechend zu unterweisen. Über das Ergebnis der Schwachstellenanalyse und die notwendigen Maßnahmen hat der Übertragungsnetzbetreiber jährlich bis zum 31. August der Regulierungsbehörde zu berichten.

Im Übrigen ist in § 14 genau die gleiche Regelung für die Betreiber von Elektrizitätsverteilungsnetzen vorgesehen.

Die Regelungen im Energiewirtschaftsgesetz sind aber nicht nur vorbeugend, sondern auch nachsorgend. Wenn es etwa um bereits stattgefundene Versorgungsstörungen geht, sieht das Energiewirtschaftsgesetz in § 52 entsprechende Meldepflichten vor. Ich könnte auch das im Einzelnen zitieren, will es Ihnen aber ersparen.

Es wird jedenfalls ganz klar deutlich, dass wir bereits im letzten Jahr, als wir das Energiewirtschaftsgesetz auf den Weg gebracht haben, auch an den Aspekt der Qualität gedacht haben und selbstverständlich auch im Einzelnen dafür gesorgt haben, dass die Bundesnetzagentur über die notwendigen Instrumente verfügt, um diese Qualität auch durchzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt, den ich nannte, also die nachsorgende Beschäftigung mit Versorgungsunterbrechungen, die stattgefunden haben, hat gerade im letzten Jahr eine besondere Rolle gespielt. Sie haben es eben indirekt erwähnt: Es gab die Stromausfälle im RWE-Netz im Münsterland. Es hat sich gezeigt, dass hier in der Tat der genannte Mechanismus gegriffen hat. Es gab ein umfängliches Gutachten der Bundesnetzagentur. Dabei wurde durchaus auch bestätigt, dass das galt, was der Netzbetreiber für sich in Anspruch genommen hat, dass nämlich vor allen Dingen äußere Faktoren zu diesem Unglück geführt haben. Gleichzeitig hat die Bundesnetzagentur das Unternehmen aber angewiesen, das bestehende Sanierungskonzept zu beschleunigen.

Ich denke, all das sind nicht nur Nachweise, dass wir gesetzgeberisch gehandelt haben, sondern dass dieses Handeln tatsächlich auch entsprechende Wirkung zeitigt. Übrigens gilt das Gleiche - auch das will ich jetzt nicht im Einzelnen zitieren - für die Gasnetze.

Auch im Zusammenhang mit dem Thema Anreizregulierung haben wir uns mit diesem Qualitätsaspekt, den Sie hier anbringen, beschäftigt. Insofern - ich will auch das jetzt nicht vertiefen - ist klar, dass auch das Anreizregulierungskonzept, das jetzt vorgelegt worden ist, und die Verordnung, die jetzt erarbeitet wird, neben dem kosteneffizienten Netzbetrieb auch ein Augenmerk auf Qualität und auf Investitionen legen. Im Übrigen würde ich mir wünschen, dass die Zusammenhänge häufiger beachtet würden; in der Energieversorgung geht es nämlich immer um mehrere Ziele. Wir wollen immer eine umweltverträgliche und zugleich preisgünstige Energieversorgung. Dabei soll es auch eine langfristige Versorgungssicherheit geben. Dass dies Zielkonflikte sind, dürfte jedem klar sein. Dass die hohe Qualität auch etwas kostet, muss man den Menschen im Lande gelegentlich sagen. Man darf ihnen nicht suggerieren, als hätten wir beliebig viele Möglichkeiten, die Energiepreise nach unten zu regulieren. Wir müssen immer einen Kompromiss zwischen Preiswürdigkeit auf der einen Seite und Versorgungssicherheit, Qualität und Investitionen auf der anderen Seite finden.

Der zweite Antrag, mit dem wir uns hier beschäftigen, befasst sich mit der Verstaatlichung der Strom- und Gasnetze. Wir haben zu diesem Thema schon mehrfach Anträge der Linken gehabt, die in eine ähnliche Richtung gingen. Das ist für uns nichts Neues, für die Linken selber auch nicht. Das hat ein wenig mit ihrer Historie zu tun. Ich will diesen Antrag nicht weiter kommentieren. Ich sage nur: Wir haben begonnen, einen anderen Weg zu gehen. Wir haben im letzten Jahr die Bundesnetzagentur eingerichtet. Sie hat darüber zu wachen, dass die organisatorische Entflechtung, die wir beschlossen haben, erfolgreich umgesetzt wird. Sie soll einen diskriminierungsfreien Netzzugang durchsetzen und sie soll letztlich auch sinkende Netzentgelte bewirken.

Die Bundesnetzagentur ist diesen Weg bereits ein kleines Stück gegangen. Wir können schon zu diesem sehr frühen Zeitpunkt feststellen: Die Netzentgelte sinken in der Tat, in Teilen auch die Endverbraucherpreise. Es ist nicht ganz verwunderlich, dass sinkende Netzentgelte nicht jedes Mal und sofort auf die Endpreise durchschlagen. Wer die Berichte der Bundesnetzagentur kennt, weiß, dass Geschichte nicht stehen bleibt und dass zwischenzeitlich neue Sachverhalte eingetreten sind, die zu bestimmten Verrechnungsmechanismen geführt haben, die aber wiederum von der Bundesnetzagentur entsprechend überwacht worden sind.

Wir haben im Übrigen - auch dies ist schon mehrfach im Plenum angesprochen worden - verschiedene andere Instrumente in Vorbereitung, um die Wirksamkeit der Tätigkeit der Netzagentur weiter zu verstärken. Dazu gehört zum einen die Kraftwerksanschlussverordnung. Es geht darum, neuen Anbietern eine möglichst faire Chance zu geben, mit ihren neuen Kraftwerken ans Netz zu gehen und am Netz zu bleiben. Es ist also beileibe nicht so, als sei die Benachteiligung der kleinen oder neuen Anbieter vorprogrammiert. Bei der neuen Kraftwerksanschlussverordnung geht es darum, Wettbewerb im Bereich der Erzeugung zu fördern und einen Preisdruck zu bewirken. Dieser Verordnung kommt sozusagen eine Scharnierfunktion zwischen dem Bereich der Netze und der Kraftwerke zu.

Im Übrigen ist es so, dass die Bundesnetzagentur durchaus Instrumente hat, um zum Beispiel Engpassmanagement zu organisieren und in einem weiteren Schritt beispielsweise über die Festlegung von Investitionsbudgets und ähnlichem dafür zu sorgen, dass auch ein Netzausbau stattfindet. All die Punkte, die eingefordert worden sind, sind bereits umgesetzt oder werden gerade durch entsprechende gesetzliche Initiativen vorbereitet.

Anstatt auf den Staat zu setzen, der Netze übernimmt - am Ende vielleicht noch die Kraftwerke selbst und den Vertrieb -, anstatt also auf die Schaffung eines Staatsmonopols in Deutschland zu setzen, sollten wir, wie es Herr Dr. Pfeiffer gerade gefordert hat, eher auf den Wettbewerb setzen. Weil es in den Medien eine sehr missverständliche Berichterstattung in den letzten zwei Tagen gegeben hat, sage ich sehr deutlich: Ich persönlich, aber auch die SPD begrüßt die Initiative zu einer Novelle des GWB, um zu einer Stärkung der Missbrauchsaufsicht beim Kartellamt zu kommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Man wird aber darüber streiten dürfen, wie das im Einzelnen ausgestaltet wird. Es ist opportun - es gehört sich auch so -, dass man sich darüber unterhält, ob denn die Wirkungen, die wir uns wünschen, eintreten werden oder ob möglicherweise ungewünschte Nebenwirkungen überwiegen. Das wird Inhalt der Debatte zwischen Parlament und Regierung und innerhalb der Koalitionsfraktionen sein. Ich denke aber, das ist nichts Anrüchiges; denn es gehört zum parlamentarischen Alltag.

Einen weiteren Punkt, den Herr Dr. Pfeiffer angesprochen hat, unterschreibe ich ebenfalls: Wir wollen keine Verlängerung der Preisaufsicht. Ich spitze zu: Ich will auch keine Verlagerung der Preisaufsicht auf das Bundeskartellamt. Das ist nicht zielführend.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zielführend ist alles, was wir gerade im Einzelnen an Instrumenten und zur Beförderung von Wettbewerb dargestellt haben.

Meine Damen und Herren, es ist spät, deswegen danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Hans-Josef Fell, Bündnis 90/Die Grünen.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Analyse der Probleme des Energiemarktes sehe ich in diesem Haus viel Übereinstimmung. Der Wettbewerb des Strom- und Gasmarktes hat eine deutliche Schieflage. Die Endkundenpreise für Strom und Gas steigen seit Monaten kontinuierlich an. Fast im Gleichschritt entwickeln sich die Gewinne der großen Energiekonzerne - ich sage hier ausdrücklich nicht, die der Energiebranche. Betrachtet man die Energiewirtschaft genauer, läuft es auf der Gewinnerseite derzeit nur auf eine handvoll marktbeherrschender Unternehmen hinaus.

Natürlich kann die Politik diese Entwicklung nicht gutheißen und tatenlos zusehen. Mit dem Energiewirtschaftsgesetz hat die rot-grüne Koalition schon eine wichtige Rahmenbedingung verändert. Die Bundesnetzagentur ist mittlerweile ein nicht mehr wegzudenkender Akteur. Die Kostenkontrolle bei den Netzentgelten ist auf einem guten Weg. Wenn die Bundesregierung ihre im Gesetz zugewiesene Aufgabe der Anreizregulierung gewissenhaft angeht, dann haben wir einiges erreicht. Was wir nun brauchen, sind Initiativen für mehr Wettbewerb in der Stromerzeugung und auch bei der Gasbeschaffung. Der Anschluss neuer Kraftwerke - zum Beispiel auf der Basis von Biogas und anderen erneuerbaren Energien - muss erleichtert werden. Ambitionierte Verordnungen könnten hier schon einiges erreichen. Sicherlich wäre auch eine stärkere Entflechtung hilfreich.

Aber bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, schütten Sie nicht das Kind mit dem Bade aus. Eine Verstaatlichung aller Netze geht einfach zu weit. Fragen Sie doch einmal die Stadtwerke auf der Verteilnetzebene, wo es auf der einen Seite kaum Missbrauch gibt, aber auf der anderen Seite gravierende wirtschaftliche Einbrüche geben würde, wenn die Stadtwerkenetze verstaatlicht werden sollten. Um ihre Entflechtung kümmert sich auf der Basis des Energiewirtschaftsgesetzes doch bereits die Netzagentur.

Bei den Transportnetzen ist es in der Tat deutlich spannender. Hier würde eine eigentumsrechtliche Entflechtung tatsächlich einiges bewirken. Sie würde positive Wettbewerbseffekte haben und sie würde den großen Energieversorgungsunternehmen ein Instrument der Blockadehaltung gegen die erneuerbaren Energien aus der Hand schlagen. Das hat Kollege Dr. Pfeiffer gerade auch als Problem betont.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht!)

Spannender als den Antrag von den Linken finde ich die Vorschläge von Bundesminister Glos und Herrn Rhiel. Warum nicht an der Erzeugerseite selbst anpacken? So falsch können die Ansätze doch nicht sein, der Aufschrei der großen Energieversorgungsunternehmen ist ja kaum zu überhören. Aber der Ruf der Linken nach der Allmacht des Staates ist wohl Teil eines inneren Auftrages, den Sie immer spüren. Zu diesem Urteil muss man kommen, wenn man Ihren zweiten Antrag liest. Es kann doch nicht Aufgabe des Staates sein, alle Netze zu überprüfen. Wer soll denn das bezahlen? Der Steuerzahler oder der Energiekunde? - Egal, in jedem Fall der Bürger. Haben Sie denn schon einmal die sozialen Auswirkungen solcher Strompreissteigerungen ausgerechnet?

Nein, es gibt hier wesentlich effizientere Methoden, zum Beispiel eine Festschreibung von Mindeststandards für die Netzsicherheit und bei Verletzung Strafzahlungen oder gar den Verlust der Konzession. Dazu gehört dann natürlich auch eine Anrechung der Netzinvestitionen bei den Energiepreisen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Teile der SPD halten weiter an der Strategie fest, wenige Unternehmen zu europäischen Champions hochzupäppeln. Den Preis zahlen die deutschen Strom- und Gaskunden sowie der Wettbewerb. Damit knickt die SPD zugleich als erste vor der Drohung der Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW ein, zukünftig keine Kraftwerke mehr zu bauen, wenn ihre exorbitanten Gewinne nicht langfristig gesichert werden. Es scheint die SPD nicht zu interessieren, dass es sich dabei zugleich um die Atomstromkonzerne handelt, die den Atomkonsens faktisch aufgekündigt haben.

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unerhört!)

Die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass wirtschaftliche Energiepreise gewährleistet werden. Das kann selbst die SPD nicht bestreiten. Die Energiepreise aber steigen seit Monaten kontinuierlich an, fast im Gleichschritt mit der Gewinnentwicklung der vier großen Energieversorger. Die von Rot-Grün eingeführte staatliche Aufsicht über die Netze konnte diese Entwicklung bisher nur bremsen, aber nicht völlig stoppen. Wir brauchen dringend effektive Handlungen der Regierung, um diese Preistreiberei zu stoppen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss: Unverständlich bleibt uns auch, warum die Emissionshandelszertifikate nach 2008 weiter an die Energiekonzerne verschenkt werden, die sie dem Endkunden teuer in Rechnung stellen. Wir brauchen jetzt einen Wettbewerb um die besten Ideen und Konzepte, damit uns die Energiepreise für Kleinkunden und Energieverbraucher nicht weiter davongaloppieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/2678 und 16/1447 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.