September 2004

040903

ENERGIE-CHRONIK


Politischer Wirbel um den Wechsel von Staatssekretär Tacke zur Steag

Der bisherige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Alfred Tacke, übernimmt ab dem kommenden Jahr den Vorstandsvorsitz des Steinkohleverstromers Steag. Tacke hatte im Jahr 2002 die umstrittene Ministererlaubnis für die Übernahme der Ruhrgas durch E.ON erteilt, wobei ihm gerichtlich "gravierende Verfahrensfehler" bescheinigt wurden. Die Steag gehört zum RAG-Konzern, an dem E.ON mit vierzig Prozent beteiligt ist. Chef des RAG-Konzerns ist seit April 2003 der frühere Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, der seinerzeit die Entscheidung über die beantragte Ministererlaubnis an Tacke delegiert hatte, da er aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Veba-Manager auf der Pensionsliste des E.ON-Konzerns steht. Anscheinend war es auch Müller, der seinem ehemaligen Staatssekretär das Angebot zukommen ließ, den Chefsessel der RAG-Tochter zu übernehmen.

Unter diesen Umständen wurde Tackes Wechsel zur Steag als weiteres Indiz für die Verfilzung von Politik und Wirtschaft in Deutschland gewertet und der Verdacht geäußert, Tacke erhalte nunmehr von E.ON die Belohnung für die Erteilung der Ministererlaubnis. Besonders heftige Kritik an dem vermuteten "Genossenfilz" übten die Oppositionsparteien CDU, CSU und FDP. Die Unionsfraktion beantragte sogar eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses am 9. September, um die Hintergründe des Wechsels aufzuklären. Die CDU kündigte ferner einen Gesetzentwurf an, der den Wechsel von politischen Beamten zu Unternehmen erschweren sollte. In der Ausschußsitzung selber übten dann alle Parteien überraschend Zurückhaltung: "Uns wurde plausibel dargelegt, daß es keinen Zusammenhang zwischen der Entscheidung für die Fusion und dem Wechsel zur Steag gab", sagte der stellvertretende Ausschußvorsitzende Max Straubinger (CSU). Auch von dem angekündigten Gesetzentwurf war plötzlich nicht mehr die Rede.

Es scheint nicht so sehr die  höher dotierte Stellung des Steag-Vorstandsvorsitzenden zu sein, die Tacke zum freiwilligen Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis unter Verzicht auf seine Pensionsansprüche veranlaßt, als die Spannungen mit seinem Kollegen Georg Wilhelm Adamowitsch. Dieser besitzt als Staatssekretär zwar formal dieselbe Stellung wie der Tacke, hat aber ein weit engeres Verhältnis zum derzeitigen Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, dem er schon in Düsseldorf als Chef der Staatskanzlei diente. Zuvor war Adamowitsch als Lobbyist der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen AG (VEW) tätig, die ihn von 1993 bis 1995 als "Beauftragten für Bundes- und Europaangelegenheiten" beschäftigten. Adamowitsch ist heute im Bundeswirtschaftsministerium der maßgebliche Beamte für alle die Stromwirtschaft betreffenden Fragen.

Tacke gilt dagegen eher als Vertrauter Schröders, für den er bereits in Niedersachsen tätig war. Im Oktober 1998 wurde er zum Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium ernannt. Seit November 2000 ist er außerdem Persönlicher Beauftragter des Bundeskanzlers zur Vorbereitung des Weltwirtschaftsgipfels.

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