August 2003

030802

ENERGIE-CHRONIK


 

Hintergrundinformationen zum Stromausfall in Nordamerika am 14. August 2003
Das System der Stromversorgung in den USA

 

Die drei Verbundnetze der USA


Diese Karte zeigt das nordamerikanische Hochspannungsnetz mit den Grenzen der drei Verbundsysteme (rot) und den zehn Regional-Organisationen des North American Electric Reliability Council (NERC).

Die US-amerikanische Stromversorgung gliedert sich in drei Verbundsysteme, zwischen denen der Stromaustausch nur in mehr oder weniger geringem Umfang möglich ist. Mangels einer zentralen Lastverteilung innerhalb ihres jeweiligen Gebiets sind sie auch nicht mit den deutschen Regelbereichen vergleichbar, sondern eher - jedes für sich - mit der Kooperation von technisch autarken Netzpartnern innerhalb des westeuropäischen Verbundnetzes der UCTE. Indessen verfügen sie nicht über die technische Qualität, die Reserven und die enge Vermaschung des europäischen Verbundnetzes. Im Norden greifen diese Verbundsysteme von den USA nach Kanada über. Im Süden gibt es Verbindungen nach Mexiko. Am größten ist Eastern Interconnection, gefolgt von Western Interconnection und Texas Interconnection

Innerhalb dieser drei Verbundsysteme haben sich die Unternehmen der Stromwirtschaft, nachdem es 1965 zu einem großen Stromausfall gekommen war, zum North American Reliability Council (NERC) zusammengeschlossen, der seinerseits aus zehn regionalen Netzüberwachungs-Komitees besteht. Die Mitgliedschaft in diesen Räten für elektrische Funktionssicherheit ist allerdings freiwillig. Die NERC-Komitees können auch keine verbindlichen Weisungen erlassen. 

Als nationale Regulierungsbehörde, die im wesentlichen aber nur für zwischenstaatliche Belange und für den privatwirtschaftlichen Stromsektor zuständig ist, fungiert seit 1997 die Federal Energy Regulatory Commission (FERC). Die FERC hat ferner die Aufsicht über die Independent System Operators (ISO), die in den deregulierten US-Staaten den Netzbetrieb organisieren. Für die Aufsicht über die Strommärkte sind in den einzelnen Staaten die State Public Utility Commissions (PUCs) zuständig. Ferner gibt es als nationale Aufsichtsbehörden die Nuclear Regulatory Commission für die Kernkraftwerke und die Environmental Protection Agency (EPA) für Umweltfragen.  

Die Control Areas


Innerhalb der einzelnen Verbundsysteme gibt es rund 140 Control Areas. Sie sind für die Frequenzhaltung (60 Hertz) und den Ausgleich von Lastschwankungen in ihrem jeweiligen Netzbereich verantwortlich, der historisch meistens aus dem Gebiet eines integrierten Versorgers entstanden ist. Die Control Areas lassen sich mit den vier (früher bis zu neun) deutschen Verbundnetzbetreibern vergleichen. Wie ihre deutschen Pendants haben sie jedoch im Zuge der Deregulierung und des "Unbundling" eine Umstrukturierung erlebt. In den deregulierten Staaten mußten die Control Areas Operators (CAO) frühere Zuständigkeiten ganz oder teilweise an einen Independent System Operator (ISO) oder eine Regional Transmission Organization (RTO) abgeben. ISOs und RTOs können eine oder mehrere Control Area umfassen. Im Unterschied zu den CAOs sind ISOs und RTOs nicht Eigentümer der Control Areas, sondern fungieren als unabhängige Netzbetreiber, die sowohl den Eigentümern als auch Dritten die diskriminierungsfreie Nutzung des Netzes sichern sollen. 
Dem jeweils zuständigen Control Area Operator (CAO) bzw. einem Independent System Operator (ISO) oder einer Regional Transmission Organization (RTO) obliegt die Überwachung und Steuerung des Gleichgewichts zwischen Nachfrage und Angebot. Die ISOs und RTOs können dabei auch als NERC Reliability Coordinator fungieren, der in Echtzeit eine oder mehrere "Control Area" überwacht und gegebenfalls die notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit koordiniert. 

Der Stromausfall vom 14. August 2003 betraf die Zuständigkeitsbereiche von fünf ISOs und RTOs, die zugleich die Aufgaben eines "NERC Reliability Coordinator" erfüllen: Midwest Independent System Operator (MISO), PJM Interconnection (PJM), New York Independent System Operator (NYISO), New England Independent System Operator (ISO-NE) und Ontario Independent Market Operator (IMO). Zu MISO gehören 34 Control Areas, zu PJM neun und zu den anderen drei jeweils eine.

Die zehn NERC-Regionalkomitees


Diese Grafik zeigt nochmals die drei Verbundsysteme von Eastern-, Western- und Texas-Interconnect mit den zehn regionalen Räten für elektrische Funktionssicherheit innerhalb des NERC, von denen allein acht auf das Gebiet von Eastern Connect entfallen. Der Stromausfall am 14. August 2003 betraf innerhalb des Verbundsystems Eastern Connect die Zuständigkeitsbereiche des East Central Area Reliability Coordination Agreement (ECAR), des Mid-Atlantic Area Council (MAAC) und des Northeast Power Coordination Council (NPCC).

Die Mitglieder des 1968 entstandenen North American Reliability Council (NERC) und seiner Regionalkomitees sind integrierte Versorger, Erzeuger, Netzbetreiber, Händler oder sonstige Interessengruppen der Stromwirtschaft. Sie geben Empfehlungen für die technisch-organisatorischen Rahmenbedingungen zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit, die indessen nicht verbindlich sind und schon deshalb den erhöhten Anforderungen nicht genügen können, welche die Deregulierung an das amerikanische System der Stromversorgung stellt.