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Blick unter die Glaskeramikplatte eines Induktionsherdes: Die vier Induktionsspulen entsprechen den Abmessungen der Kochzonen. In der Mitte der weißen Wärmedämmscheiben befindet sich jeweils ein Temperaturfühler für Überhitzungsschutz und Restwärmeanzeige. Rechts sieht man die Elektronik für das Feld, das die Sensoren zur Bedienung der Induktionskochstelle sowie die Funktionsanzeigen enthält.

Enge Verwandtschaft zum Transformator

Die Technik des Induktionsherds schlummerte bereits in dem berühmten Induktionsversuch, den der englische Physiker Faraday 1831 durchführte: Faraday hatte zwei Spulen Kupferdraht auf einen gemeinsamen Träger gewickelt. Wenn er durch die erste Spule einen elektrischen Impuls schickte, entstand auch in der zweiten Spule ein elektrischer Impuls, obwohl zwischen beiden Spulen keine leitende Verbindung existierte.

Beim Induktionsherd entspricht der ersten Spule in Faradays Versuch eine tellerartig geformte Spule unterhalb der Glaskeramikplatte. Die zweite Spule ist der Boden des Topfes, der auf die Kochzone der Glaskeramikplatte gestellt wird. Man kann sich diesen Topfboden auch als Spule mit einer einzigen Drahtwindung vorstellen, deren Enden kurzgeschlossen sind. Wenn dann der Strom durch die Spule unter der Glaskeramikplatte pulsiert, erzeugt er im Topfboden starke Ströme, die der elektrische Widerstand des Metalls in Wärme verwandelt. Die Physiker und Elektrotechniker bezeichnen solche Ströme als "Wirbelströme".

Nach demselben Induktionsprinzip, das einst Faraday entdeckte, funktionieren auch Transformatoren und Generatoren. Dort werden die induzierten Ströme freilich nicht in Wärme innerhalb des Leiters umgewandelt, sondern stehen an den Enden des Leiters als elektrische Energie zur Verfügung. Soweit sich bei diesen Anwendungen Wirbelströme nicht ganz vermeiden lassen, erzeugen sie nur nutzlose Wärme und bescheren dadurch Verluste bei der Umwandlung und Übertragung von Energie (siehe die Erläuterungen zu Wirbelströmen und Hysteresis auf Seite 8).

So sieht die Elektronik aus, die auf der Unterseite der Induktionsspulen die Netzfrequenz von 50 Hertz in Hochfrequenz von 25 Kilohertz umsetzt. Kühlrippen und ein Ventilator führen die Wärme ab, die das heiße Kochgeschirr auf die Glaskeramik überträgt.

Bei Hochfrequenz braucht man keinen Eisenkern

Es war natürlich ein weiter Weg von Faradays Versuch bis zu den heutigen Nutzanwendungen. Zum Beispiel experimentierte Faraday noch mit Gleichstrom aus einer Batterie. Er erhielt deshalb nur dann einen Impuls, wenn er den Strom ein- und ausschaltete. Auch war der induzierte Strom äußerst schwach. Faraday war schon froh, wenn sein Meßinstrument überhaupt ansprach. Um eine effiziente Energieübertragung zu erreichen, mußten erst die Wechselstrom-Erzeugung mit Dynamos und zahlreiche technischen Verbesserungen erfunden werden.

Heutige Transformatoren erreichen Wirkungsgrade von bis zu 99 Prozent, so daß bei der Energieübertragung nur geringe Verluste auftreten. Mit ihnen lassen sich Wechselströme auf jede gewünschte Spannung bringen und die entsprechenden Stromstärken bereitstellen (siehe Der Dreh mit dem Drehstrom).

Diese hohe Effizienz verdanken die Transformatoren hauptsächlich der verbesserten induktiven Kopplung der beiden Spulen durch einen gemeinsamen Eisenkern. Beim Induktionsherd gibt es dagegen keinen gemeinsamen Eisenkern, der den Topfboden auf der Glaskeramikplatte mit der Spule darunter verbindet. Um zu verstehen, weshalb er dennoch die elektrische Energie sehr effektiv auf den Topfboden überträgt, wollen wir zunächst die Induktionsöfen betrachten, wie sie in der Industrie seit langem verwendet werden.

Industrielle Induktionsöfen brauchen tatsächlich wie der Transformator einen Eisenkern, wenn sie mit der Netzfrequenz von 50 Hertz betrieben werden. Andernfalls klappt die induktive Kopplung nicht. Auch der Tiegel mit dem Schmelzgut, der in Form einer runden Rinne den Eisenkern umschließt, erinnert bei solchen Induktionsöfen noch stark an die Sekundärwicklung eines normalen Transformators.

Die Bauweise des industriellen Induktionsofens ändert sich jedoch, sobald er mit Wechselstrom höherer Frequenz betrieben wird: Der Eisenkern kann dann immer kleiner werden und am Ende ganz entfallen. Ein Hochfrequenz-Induktionsofen besteht lediglich aus einem Tiegel für das Schmelzgut, der von einer Spule umgeben ist. Durch diese "Ofenspule" pulsiert der hochfrequente Wechselstrom und bringt den Inhalt des Tiegels zum Schmelzen.

Dieses Prinzip wird auch beim häuslichen Induktionsherd angewendet und erklärt, weshalb er keinen Eisenkern braucht, um die induktive Kopplung zwischen der Induktionsspule unter der Keramikplatte und dem Topfboden sicherzustellen: Durch die tellerartigen Induktionsspulen, die sich unter den Kochzonen der Glaskeramikplatte befinden, pulsiert kein normaler Strom aus der Steckdose, sondern Wechselstrom mit einer Frequenz von 25 Kilohertz.

Man könnte auch eine niedrigere Frequenz verwenden, doch will man nicht riskieren, in den Bereich des menschlichen Gehörs zu geraten, das im günstigsten Fall Schwingungen bis etwa 24 000 Hertz wahrnehmen kann. Tatsächlich kam es in den Anfängen des Induktionsherds vor, daß ein Gerät zu "singen" anfing und seine Benutzer mit deutlich wahrnehmbaren hohen Tönen nervte. Es bereitete damals noch Probleme, eine leistungsfähige Energieübertragung in höheren Frequenzbereichen herzustellen.

Der Strom aus der Steckdose hat freilich nur eine Frequenz von 50 Hertz. Er muß deshalb im Herd in hochfrequenten Wechselstrom umgewandelt werden. Der Frequenz-Umrichter befindet sich gewöhnlich auf der Rückseite einer Blechplatte, die auf ihrer Vorderseite die Induktionsspulen trägt und gegen die Glaskeramikplatte preßt. Eine Kühlvorrichtung sorgt für die Abführung der Wärme, die der heiße Topf auf die Glaskeramikplatte überträgt, damit die aufwendige Elektronik nicht beschädigt wird.

Man kann sich die Energieübertragung beim Induktionsherd auch nach dem Sender-Empfänger-Prinzip vorstellen: Schließlich liegt die Frequenz von 25 Kilohertz nicht allzuweit vom Rundfunkbereich, der bei 30 Kilohertz mit den Langwellen beginnt. In diesem Bereich verschmelzen elektrisches und magnetisches Feld zur elektromagnetischen Welle, die nicht mehr auf einen elektrischen Leiter angewiesen ist und sich frei im Raum ausbreiten kann. Der Frequenz-Umrichter eines Induktionsherds ist im Prinzip auch so aufgebaut wie der Schwingkreis eines Senders. Die Raumwirkung des so erzeugten elektromagnetischen Feldes ist allerdings minimal. Sie reicht gerade, um die Distanz zwischen Induktionsspule und Topfboden zu überbrücken. Insofern gleicht die Technik des Induktionsherds doch eher einem Transformator als einer Sender-Empfänger-Anordnung.