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Diese Anlage kompensiert die Blindleistung einer 320 Kilometer langen Drehstrom-Leitung in Arizona, so dass ein stufenlos genaues Steuern des Energieflusses möglich wird.

Ballast in Leitungen und Geräten: Die Blindleistung

Für Wechselstrom gelten teilweise andere physikalische Gesetze als für Gleichstrom. Mit Wechselstrom lassen sich deshalb Dinge vollbringen, die mit Gleichstrom unmöglich wären. Etwa die beliebige Transformierbarkeit der Spannungen und damit der Ferntransport von elektrischer Energie. Es gibt aber noch einige andere Besonderheiten beim Betrieb von Wechselstrom-Netzen, die sich in der Praxis der Stromversorgung teils vorteilhaft, teils auch störend auswirken.

Induktiver Widerstand

So erweist sich das Ohmsche Gesetz über den Zusammenhang von Spannung, Stromstärke und Widerstand als unzureichend, sobald "induktive Widerstände" auftreten. Das können zum Beispiel Transformatoren oder auch nur einfache Drahtspulen sein. Sie setzen Wechselstrom einen weit höheren Widerstand entgegen als Gleichstrom. Zum Ohmschen Widerstand, der vom Querschnitt und der spezifischen Leitfähigkeit des Drahts abhängt, kommt dann der induktive Widerstand, der durch die "Selbstinduktion" der Spule verursacht wird. Ohmscher und induktiver Widerstand zusammen ergeben den "Scheinwiderstand".

Kapazitiver Widerstand

Ähnlich, und doch ganz anders, wirken sich Kondensatoren aus: Im Gleichstromkreis sind diese völlig undurchlässig. Im Wechselstromkreis lassen sie dagegen umso mehr Strom durch, je größer ihrer Kapazität und die Frequenz des Wechselstroms ist. Der "kapazitative Widerstand" verhält sich also entgegengesetzt zum induktiven Widerstand.

Phasenverschiebung

Aber nicht nur das Ohmsche Gesetz erweist sich als unzulänglich, sobald es um Spulen oder Kondensatoren im Wechselstromkreis geht. Im Zusammenhang damit wird auch der Begriff der Leistung ergänzungsbedürftig: Die übliche Gleichsetzung von Leistung mit nutzbarer Leistung gilt nämlich nur für Gleichstrom oder für solchen Wechselstrom, bei dem Spannung und Stromstärke stets zur selben Zeit ihren höchsten Wert erreichen. Dieser Gleichschritt wird aber durch Spulen oder Kondensatoren gestört: Plötzlich differieren innerhalb einer Phase die zeitlichen Höchstwerte von Spannung und Stromstärke. Es tritt eine "Phasenverschiebung" auf: Spulen bewirken dabei eine Verzögerung und Kondensatoren ein Vorauseilen des Stroms gegenüber der Spannung.

Wirk- und Blindleistung ergeben die Scheinleistung

In beiden Fällen nehmen Spannung und Stromstärke während eines Teils der Phase unterschiedliche Vorzeichen an. Es ergibt sich somit in diesem Bereich der Phase für die Leistung ein negativer Wert. Zugleich verringern sich entsprechend die positiven Leistungswerte. Die Leistung mit negativem Vorzeichen ist eine Folge des induktiven bzw. kapazitativen Widerstands. Sie wird durch die Spule oder den Kondensator erzeugt und an die Stromquelle zurückgegeben. Sie läßt sich nicht praktisch nutzen. Sie wird deshalb auch nicht "verbraucht", sondern pendelt nutzlos zwischen Erzeuger und Stromquelle hin und her. Sie ist gewissermaßen Ballast, der bloß die Leitungswege in Anspruch nimmt. Da sie für die Nutzung des Stroms gewissermaßen blind ist, wird sie - im Unterschied zur nutzbaren "Wirkleistung" - als "Blindleistung" bezeichnet. Die Wirkleistung und die Blindleistung zusammen ergeben die "Scheinleistung" eines Geräts oder einer Leitung im Wechselstromkreis.

Schwingen Spannung und Stromstärke im Gleichtakt, tritt keine Blindleistung auf. Die Scheinleistung besteht dann zur Gänze aus Wirkleistung. Bei einer maximalen Phasenverschiebung um 90 Grad wird hingegen nur noch Blindleistung übertragen und die Wirkleistung geht auf null zurück.

Die durch Phasenverschiebung bewirkte Blindleistung macht sich im Netz der Stromversorgung überall bemerkbar, wo Induktivitäten (wie bei Trafos und Generatoren) oder Kapazitäten (wie bei längeren Kabeln) eine Rolle spielen. Sie bedeutet, daß Geräte und Leitungen eine geringere Wirkleistung aufweisen, als ihrer konstruktiven Auslegung bzw. der Scheinleistung entspricht. Im Extremfall kann das soweit gehen, daß überhaupt keine Wirkleistung mehr zur Verfügung steht.

Man muß deshalb die auftretenden Blindleistungen "kompensieren", d.h. auf dieselbe Weise beseitigen, in der sie entstehen, nämlich mit Hilfe von entsprechend angepaßten Induktivitäten und Kapazitäten. Und zwar möglichst nahe an der Quelle, damit das Netz so weit wie möglich für die Übertragung von Wirkleistung zur Verfügung steht.